Support und Infrastrukturen für Forschungsdaten in den Geschichtswissenschaften und darüber hinaus: das Beispiel der UB Bern

Gero Schreier (Universitätsbibliothek Bern) stellt in seinem Beitrag das Unterstützungsangebot für Forschungsdatenmanagement der Universitätsbibliothek Bern vor und erklärt, welche Aufgaben den Data Stewards dabei zukommt. Der Beitrag ist Teil einer Reihe zu aktuellen Themen rund um Open Data in den Geistes- und Sozialwissenschaften in der Schweiz, die anlässlich der infoclio.ch-Tagung 2025 «Open Science in History. Die Öffnung der Wissenschaften von der Aufklärung bis zur künstlichen Intelligenz» publiziert wird.


Das Programm der infoclio.ch-Tagung «Open Science in History» sowie die zugehörige Blog-Reihe illustrieren die Bandbreite der Themen, die sich im Spannungs- und Schnittfeld von Open Science (OS) und Geschichtswissenschaften auftut. Über der facettenreichen akademischen Reflexion auf dieses Thema sollte ein weiterer Aspekt jedoch nicht vergessen werden: Das Unterstützungsangebot an Bibliotheken, Datenzentren und anderen Forschungseinrichtungen, das bei der konkreten Umsetzung von OS – und der diesbezüglichen Vorgaben von Forschungsförderern – mit Dienstleistungen und Infrastrukturen zur Verfügung steht. Auf diesen Punkt will der vorliegende Blog-Post am Beispiel der Universitätsbibliothek (UB) Bern die Aufmerksamkeit lenken. Im Zentrum steht dabei das Unterstützungsangebot für Forschungsdatenmanagement (FDM).1

An der Universität Bern wurde der zentral an der UB verortete generische Forschungsdatensupport ab 2023 zu einem neuartigen Unterstützungsmodell ausgebaut, bei dem wissenschaftliche Domänen (Fächergruppen) und übergreifende Querschnittsbereiche (wie z.B. Data Science und IT oder sensible Daten) von Data Stewards – persönliche Ansprechpersonen für Forschende in allen FDM-Fragen – betreut werden. Dieses Modell knüpft an das wegweisende Beispiel der Technischen Universität (TU) Delft an.2 Möglich wurde es mit den von swissuniversities im Rahmen der nationalen Open-Science-Programme3 vergebenen Fördergeldern sowie mit Eigenmitteln der Universität Bern.


Data Stewards für Forschende

Die Data Stewards haben einen akademischen Hintergrund in den von ihnen betreuten Domänen und beantworten Anfragen von Forschenden, beraten persönlich zu Datenmanagement-Plänen (DMP) oder anderen FDM-Fragen und begutachten von Forschenden eingegebene Datensätzen auf dem institutionellen Datenrepositorium BORIS Portal.



Ein Datensatz auf BORIS Portal, dem Repositorium der Universität Bern. Von Forschenden eingereichte Datensätze erhalten eine formale Begutachtung durch die Data Stewards.


Daneben nehmen Veranstaltungen, Austausch und Kooperationen mit den jeweiligen Fachcommunities grossen Raum in ihrer Arbeit ein. Für Doktorierende bieten die Data Stewards für die Geistes- und Kulturwissenschaften in Kooperation mit den Digital Humanities (DH) und der Graduiertenschule der philosophisch-historischen Fakultät gezielt Einführungen in das FDM an. Das Thema FDM konnte hier mithilfe engagierter Partnerinnen und Partner in die Ausbildung Doktorierender integriert werden – ein wichtiger Schritt hin zur Vermittlung nötiger Datenkompetenzen an kommende Generationen von Akademikerinnen und Akademikern. Ein Forum für den Austausch der DH-Community in Bern und darüber hinaus bietet die Veranstaltungsreihe «… im Dialog», die im jährlichen Rhythmus ein anderes aktuelles Thema aus der Fachcommunity ins Zentrum rückt.4


Infrastrukturen für die Forschung

Der Forschungsdatensupport ist darüber hinaus jedoch auch eng an der Weiterentwicklung von Infrastrukturdienstleistungen und der zugehörigen Unterstützung beteiligt. In den Geisteswissenschaften der Universität Bern, die eine lebendige Landschaft der (digitalen) Editorik beheimatet, stehen dabei die komplexen Anforderungen digitaler Editionen im Vordergrund. Gemeinsam mit den DH und dem Data Science Lab (DSL) der Universität Bern wurde ein modulares Infrastruktursystem aufgebaut, aus dem Forschende wie aus einem Baukasten die jeweils benötigten Komponenten kombinieren können.

Zur Verfügung stehen ein von der UB-IT gehosteter IIIF-Server für die interoperable Bereitstellung von Bilddaten aus Editionen. Ein DOI-Service und – zentral für die Publikation von Datenabzügen digitaler Editionen – das mit standardisierten Metadaten operierende Forschungsdatenrepositorium BORIS Portal vervollständigen das Angebot im Sinne der FAIR-Daten-Prinzipien. Die Data Stewards unterstützten bei der Planung des Datenmanagements, bei der Nutzung der Module sowie bei der Dokumentation und dem Vertragsschluss.5 Wissenschaftsgetriebene methodische und technische Innovation werden so durch die von der UB eingebrachte Perspektive langfristiger Verfügbarkeit und nachhaltiger Bewirtschaftung von Ressourcen ergänzt.


Experimentelle Visualisierung der Beschreibung des modularen Infrastrukturangebots an der UB Bern (siehe Anm. 5). Erstellt mit den Voyant Tools.


Netzwerke

All dies wäre nicht möglich ohne zahlreiche Kooperationen an der Universität Bern und darüber hinaus. Der Forschungsdatensupport agiert als Teil eines universitätsweiten Netzwerks, zu dem neben den bereits genannten Partnerinnen und Partnern – der DH-Abteilung, dem DSL, fakultären Einrichtungen – auch die IT-Abteilung der UB gehört, ohne die die skizzierte technische Infrastruktur nicht möglich wäre. Dazu zählen aber auch Partnerinnen und Partner auf strategischer Ebene wie etwa das Vizerektorat Forschung.

Über Bern hinaus ist das 2024 formalisierte Swiss Research Data Support Network (SRDSN) ein zentraler Bezugspunkt, das Data Stewards an Hochschulen, Universitäten und Forschungseinrichtungen, Mitarbeitende von Datenzentren und Repositorien und andere Supportdienstleistende auf nationaler Ebene vernetzt, um die Optimierung von Unterstützungsdienstleistungen und die Professionalisierung des FDM-Supports voranzutreiben.

Und natürlich zählen zum Netzwerk viele aufgeschlossene Forschende, die durch die Nutzung der Angebote, durch Rückmeldungen und Austausch zur Weiterentwicklung der Dienstleistungen beitragen – die wiederum ihnen und ihrer Forschung zugutekommen.


Anmerkungen

1 Ein Unterstützungsangebot des Open-Access-Teams der UB Bern wurde in dieser Blogreihe in einem Beitrag von Elio Pellin vorgestellt.

2 Siehe den Blog des Delfter Data-Stewardship-Programms.

3 Siehe den Blogbeitrag von Thomas Leibundgut.

4 Siehe aktuelle und vergangene Veranstaltungen der Reihe «… im Dialog».

5 Loosli, Ursula; Schreier, Gero: Modularisierte Infrastrukturen für die Digital Humanities: Das Beispiel digitaler Editionen an der Universitätsbibliothek Bern, 26.02.2025. Online: <https://doi.org/10.5281/ZENODO.14943112>, (Stand: 27.11.2025).