Weltruhm oder dramatisches Scheitern? Die Rentabilität touristischer Transportanlagen der Schweiz aus historischer Perspektive. Ein Betriebsvergleich der Brienzer Rothorn-Bahn und der Schynige Platte-Bahn

Cognome dell'autore
Gabriel
Stolz
Tipo di ricerca
Tesi di master
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
Prof.
Christian
Rohr
Istituzione
Historisches Institut
Luogo
Bern
Anno
2020/2021
Abstract
Die Tourismusbranche hat sich im 20. und 21. Jahrhundert zu einem der ökonomischen Leitsektoren der Alpen entwickelt. Reisen ist weltweit zu einem Bestandteil modernen Konsumverhaltens geworden und die Tourismuswirtschaft hat in den letzten Jahrzehnten eine kontinuierliche Expansion erlebt. Die Schweiz spielte in der Entwicklung des alpinen Tourismus seit jeher eine grosse Rolle. Der Tourismusstandort Schweiz verdankt seine heutige Position in erster Linie einigen wenigen Pionieren, die den Alpenraum durch ihre Bemühungen für ein breiteres Publikum zugänglicher machen wollten. Die Rede ist von denjenigen Personen, die während der Belle Époque die ersten Bahnen auf Schweizer Berggipfel bauen liessen und Gesellschaften gründeten, die solche Bahnen unterhielten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Bau von Bahnen erstmals technisch möglich. Ab diesem Zeitpunkt ging es nicht mehr lange, bis die ersten Berggipfel der Schweiz durch Bahnen erschlossen wurden. Die ersten Bahnen für touristische Zwecke waren in der Schweiz ungemein erfolgreich: Die Rigi-Bahn etwa zog wahre Heerscharen von Touristen an und erwies sich als hoch profitabel. In den ersten Jahren zahlte sie 15 bis 20 % an Dividende an ihre Aktionäre aus. Der Erfolg schien ansteckend gewesen zu sein, denn gegen Ende des Jahrhunderts schossen Bergbahnen wie Pilze aus dem Boden; etliche Konzessionen wurden beantragt. Durch den massiven Ausbau solcher Anlagen gerieten die meisten schon bestehenden Betriebe unter stetigen Konkurrenzdruck. Diese Marktgegebenheiten brachten unterschiedlich erfolgreiche Unternehmungen hervor. Es gab Bahnen, die sich von Beginn an durchsetzen konnten und wirtschaftlichen Erfolg verzeichneten, während andere in finanzielle Schwierigkeiten gerieten und stetig um ihr Überleben kämpfen mussten. Da einige der Bahnen ähnliche Voraussetzungen, zum Beispiel ähnliche Aussichten, ein ähnliches Antriebssystem, ähnliche Erreichbarkeit und einen ähnlichen Anfahrtsweg hatten, lag der Schluss nahe, dass diese Bahnen ähnlich erfolgreich sein müssten. Da den Zeitgenossen nur wenige Daten über die Rentabilität des neuen Wirtschaftssektors bekannt waren, stellte der Bau einer solchen Bahn, obwohl er vielversprechend erschien, ein hohes Risiko dar. Einige der neu gebauten Bahnen erlangten Weltruhm und warfen jedes Jahr kontinuierlich Gewinne ab, während andere tragisch scheiterten und den Betrieb schon nach wenigen Jahren einstellen mussten oder es gar nicht erst über das Stadium der Erlangung der Konzession hinaus schafften. Diese Umstände werfen die Frage auf, wie rentabel die Bahnen überhaupt sein konnten und durch welche Einflüsse die Rentabilität beeinflusst wurde. Diese Masterarbeit versucht diese Frage zu beantworten und die Erfolgsfaktoren einer touristischen Transportanlage anhand eines Betriebsvergleichs zu eruieren. Dazu wurden zwei Transportanlagen, die sich in allen technischen Belangen möglichst ähnlich, auf wirtschaftlicher Ebene jedoch unterschiedlich rentabel waren, ausgewählt und miteinander verglichen, konkret die Brienzer Rothorn-Bahn und die Schynige Platte- Bahn; der Untersuchungszeitraum wurde auf die Jahre 1900 – 1950 festgelegt. Anhand der Unterschiede zwischen den Bahnen und einer Analyse ihrer Rentabilität können Parameter des Erfolgs definiert werden. Die Betriebsanalyse beider Bahnen erfolgte gemäss allgemein anerkannter wirtschaftswissenschaftlicher Analysemethoden. Ausgewählt wurde eine Kennzahlenanalyse. Dabei spielten nicht nur die Kennzahlen Umsatz, Gewinn und Umsatzrentabilität, die den Erfolg eines Betriebes beschreiben, eine Rolle, sondern auch der Bereich der Kosten wurde miteinbezogen: Die Kennzahlen Unterhaltskosten pro Streckenkilometer, Personalkosten pro Streckenkilometer und Betriebstag sowie Schneebruchkosten pro Streckenkilometer wurden analysiert und ausgewertet. Des Weiteren wurden die Anzahl der Betriebstage pro Saison in die Analyse miteinbezogen. Die Analyse versucht zudem die Bilanz mit Umwelteinflüssen, wie zum Beispiel Kriege oder Wetterlagen, zu erklären oder mit Managemententscheidungen der Betriebsleitung in Verbindung zu bringen und zu bestimmen, wie ausschlaggebend diese Faktoren für den Erfolg waren. Die Analyse beruht auf Daten aus den Geschäftsberichten der beiden Bahnbetriebe sowie diversen Zeitungsberichten, die zusätzlich der Interpretation der Kennzahlen dienten. Die Untersuchung förderte fünf Erfolgsfaktoren zutage. Es zeigte sich, dass die Standortwahl der wichtigste Bestandteil für die Rentabilität einer touristischen Transportanlage ist. Weitere Erfolgsfaktoren waren die Eingliederung in eine finanzstarke Bahngesellschaft, die elektrische Antriebsart, möglichst niedrige Personalkosten und eine möglichst hohe Anzahl Betriebstage pro Saison. Demnach konnte im Untersuchungszeitraum die Schynige Platte-Bahn deutlich höhere Umsätze generieren und damit auch einen signifikant höheren Gewinn erzielen. Dies lag auch an der Betriebs-zeit, die seitens der Schynige Platte-Bahn dem tatsächlichen Besucher*innenaufkommen jährlich stärker angepasst wurde, während die Anzahl der Betriebstage bei der Brienzer Rothorn-Bahn meist von der Witterung diktiert wurde. Die Elektrifizierung der Schynige Platte-Bahn kurz vor dem Ersten Weltkrieg generierte zwar kurzfristig deutlich höhere Kosten für den Fahrtunterhalt, brachte aber langfristig deutliche Kosteneinsparungen. Die Brienzer Rothorn-Bahn blieb hingegen beim Dampfbetrieb. Auch die Personalkosten waren bei der Brienzer Rothorn-Bahn deutlich höher. Ähnlich einschneidend für beide Bahnen wirkten sich die drei grossen Krisen des 20. Jahrhunderts, der Erste Weltkrieg, die Weltwirtschaftskrise und der Zweite Weltkrieg, aus.

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