Von Krieg, Revolution und Skandinavismus. Schweden im historischen Strukturwandel 1808-1810

Cognome dell'autore
Magnus
Nilsson
Tipo di ricerca
Tesi di master
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
Prof.
Stig
Förster
Istituzione
Historisches Institut
Luogo
Bern
Anno
2015/2016
Abstract
Die Abhandlung soll grundsätzlich einen Beitrag zur historiographischen Aufarbeitung der Schicksalsjahre der schwedischen Monarchie leisten. Die Thematik ist in der skandinavischen und insbesondere schwedischen Historiographie äusserst umstritten und erweist sich bis heute als eine grundlegende Komponente in der geschichtswissenschaftlichen Debatte zur Entstehung des schwedischen Nationalstaats und der Neuordnung Skandinaviens in der Moderne. Die Arbeit orientiert sich an dem von Ute Planert und Ewald Frie entworfene dreidimensionale Konzept Revolution, Krieg und Nation, wobei überprüft wird, inwiefern dieses als universell wahrgenommene Erklärungsmodell auch auf die skandinavische und insbesondere schwedische Geschichte zu Beginn des 19. Jahrhunderts angewendet werden kann. Ferner bewegt sich die Abhandlung im Fahrwasser der Imperialgeschichte, die gemäss Jürgen Osterhammel den neuzeitlich entstehenden globalen Zusammenhang erfasst. Hierbei spielt weniger der koloniale, als vielmehr der imperiale Aspekt eine ausschlaggebende Rolle. Der Imperialismus ist eine besondere Form des Verhältnisses einer politischen Gemeinschaft zu ihrer Umwelt. Er besitzt grundsätzlich eine politische und eine militärische, eine kulturelle und eine sozioökonomische Dimension. Für die vorliegende Analyse bedeutet dies wiederum, dass der Fokus nicht ausschliesslich auf die grossen Narrative gelegt wird. Der Ansatz eröffnet die Möglichkeit, historische Erfahrungen alternativ zu konzeptualisieren und sie im Zusammenhang mit oder im Kontrast zu einer zentrierten Meistererzählung zur Geschichte des schwedischen Königreiches zu sehen, wobei Akteure in der Peripherie (hier die finnische Aristokratie) auch als Subjekte dieser Geschichte verstanden werden können. Darüber hinaus illustriert die Anwendung dieses Konzepts die historische und historiographische Ablösung des Begriffs „Imperium“ durch den einer Nation oder eines Nationalstaates mit unterschiedlichen Konnotationen. Diesbezüglich soll untersucht werden, ob die politische Ordnungsform im Fall Schwedens als eine Alternative zum Nationalstaat im 19. Jahrhundert betrachtet werden kann. In der aussenpolitischen Domäne stand Gustav IV . Adolf überwiegend aufgrund persönlicher Motive im direkten Antagonismus zu Napoleon Bonaparte und wollte Schwedens Grossmachtstatus vor dem Hintergrund der zeitgenössischen Machtkämpfe in Europa bewahren und, falls möglich, sogar ausweiten. Gemäss den populären Vorstellungen dieser Zeit, wurde die aktuelle nationale Lage gerne und überwiegend als das Resultat der internationalen, zwischenstaatlichen Antagonismen gesehen. Die vorherrschenden sozialen und ökonomischen Krisen verband man in erster Linie mit der aussenpolitischen Schwäche des Regenten. Historische sowie neue Konfliktlinien und die daraus resultierenden gesellschaftlichen Spannungen wurden zudem als eine Manifestation der Unfähigkeit des Königs betrachtet, zwischen den unterschiedlichen Kräften zu vermitteln, Kompromisse einzugehen und das System anhand von Reformen den aktuellen Begebenheiten anzupassen. Die Ignoranz oder Starrköpfigkeit des Königs gegenüber den Forderungen des schwedischen Sozialradikalismus sowie seine Fehleinschätzung der internationalen Sachzwänge führten sodann zu einem Wandel der Macht-, Herrschafts- und Gesellschaftsstrukturen. Bezeichnend ist hierfür einerseits die Absetzung des Königs durch Militärs, die sich infolge des desaströsen Krieges mit Russland und dem Verlust Finnlands für Reformen aussprachen und diese – falls notwendig – mit Gewalt durchringen wollten. Die sogenannte „Reichssprengung“ sollte sich für die militärische Elite als ein nationales Trauma erweisen, von dem sich Schweden, gemäss der Meinung dieser stellenweise als Patrioten bezeichneten Männer, nur durch eine Annexion Norwegens wieder erholen könnte. Dies war zudem eine der Hoffnungen, die mit der Ernennung des französischen Marschalls Jean-Baptiste Bernadotte zum schwedischen Thronfolger verbunden wurde. Davon abgesehen äusserte sich der Strukturwandel zudem in der Implementation einer neuen Verfassung, der sogenannten RF 1809, in der die liberalen Forderungen der schwedischen Elite teilweise festgeschrieben wurden. Möglichkeiten politischer Repräsentation und Mitbestimmung für die Mehrheit der Schweden, die Bauern, wurden darin jedoch nicht verankert und die anderen Stände sollten später schrittweise auf ihre Privilegien und Monopole verzichten. Die neue Regierungsform erwies sich insofern als revolutionär, als dass sie den Übergang zu einer parlamentarischen Monarchie signalisierte und für 165 Jahre Bestand haben sollte. Von der Verfassung profitierten jedoch überwiegend die Politiker, Beamten und Bürger, die ihre Macht in den parlamentarischen Satzungen ausbauen und festigen konnten. Der schwedische Liberalismus sollte erst später spürbar an Kraft zunehmen und manifestierte sich ab etwa Mitte des 19. Jahrhunderts im politischen Denken und Handeln der führenden Akteure. Doch wurde bereits in den Jahren 1808 bis 1810 das Fundament für diese Entwicklung gelegt. Dazu gehörte schliesslich auch die Wahl eines neuen Regenten und die Ablösung der gustavianischen Dynastie durch diejenige der Bernadottes. Mit dem neuen Thronfolger begann sodann eine historische Phase aussenpolitischer Neuorientierung und gesellschaftlicher Konsolidierung, die für die weitere Entwicklung Skandinaviens und insbesondere Schwedens – hin zu einem modernen Nationalstaat mit seinen Strukturen und Institutionen – prägend war. Der historische Strukturwandel, wie er hier konzipiert wird, bewegte sich also in einem Spannungsverhältnis zwischen Tradition und Moderne, Kontinuität und Bruch, moderaten und radikalen Vorstellungen, zwischen Reform und Revolution. Krieg, Nationalismus und gesellschaftlicher Aufbruch boten den Nährboden und schufen Anreize für Veränderungen.

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