Tipo di ricerca
Dottorato
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
Prof.
Harald
Fischer-Tiné
Istituzione
ETH Zürich, Institut für Geschichte, Lehrstuhl Geschichte der modernen Welt
Luogo
Zürich
Anno
2014/2015
Abstract
Das Forschungsprojekt untersucht die Entwicklung neuer Formen der Regulierung von Prostitution, Geschlechtskrankheiten, Intimität und Sexualität während der alliierten bzw. vornehmlich US-amerikanischen Besatzung Japans nach dem Zweiten Weltkrieg (1945-1952). Nach dem Verbot des vorher in Japan bestehenden Systems staatlich lizenzierter Prostitution durch das Besatzungsregime GHQ/SCAP im Jahre 1946, wurde sexuelle Arbeit vor allem in privaten Bordellen oder als Straßenprostitution angeboten. Die sog. „Pan-Pan Girls“ und „Streetwalker“ gelten bis heute als ein markantes Symbol der Besatzungszeit, die zwar als faszinierendes Phänomen in der nachkriegszeitlichen Popkultur sichtbar waren, jedoch ebenso als Bedrohung für die Sicherheit, Gesundheit und Moral des Besatzungspersonals und der japanischen Zivilbevölkerung wahrgenommen wurden. Bis 1952 bildeten sich im komplexen Zusammenspiel von verschiedenen Institutionen der amerikanischen Besatzungsmacht und japanischen Behörden, aber auch in Auseinandersetzung mit nicht-staatlichen Gruppierungen und VertreterInnen des Gewerbes selbst regulative Praktiken der Prostitution heraus, die sich in den Kontext imperialer Biopolitik stellen lassen. Die Regulierung von Prostitution zielte jedoch nicht auf eine generelle Abschaffung von Sexarbeit ab, sondern konzentrierte sich vielmehr auf eine „Sanitisierung“ intimer, oftmals sexueller Kontakte.
Das Projekt nimmt die US-Okkupation Japans aus einer globalgeschichtlichen Perspektive in den Blick, die eine Analyse imperialer und transkolonialer Verflechtungen mit alltagsgeschichtlichen Ansätzen verbindet. Denn sowohl die japanischen Behörden als auch das Besatzungsregime griffen bei der Regulierung der besatzungszeitlichen Prostitution auf Erfahrungen mit kolonialen Verwaltungspraktiken vor 1945 zurück. Im Falle Japans lassen sich Kontinuitäten zum System sexueller Zwangsarbeit (ian seido) ausmachen, das seit den frühen 1930er Jahren während des Zweiten Weltkriegs in Ost- und Südostasien praktiziert wurde. Das US-Militär entwickelte vor und während des Asien-Pazifikkrieges Strategien, um Prostitution, Promiskuität und Geschlechtskrankheiten zu kontrollieren, die zum Teil schon auf den Philippinen „erprobt“ worden waren. Es konnte also an ein Herrschaftswissen aus verschiedenen imperialen Formationen angeknüpft werden, in denen Japan mal die Position des colonizers, mal die des colonized einnahm. Dabei kann gerade am Gegenstand der Prostitution das breite Spektrum konkurrierender und konfliktreicher, aber auch kooperativer Herrschaftspraktiken der Besatzungszeit sichtbar gemacht werden, auch um eine bisher in der Historiographie oft konstatierte, meist vereinfachende Machtasymmetrie der US-Okkupation Japans kritisch zu überdenken.