Tipo di ricerca
Tesi di master
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
Prof.
Christian
Rohr
Istituzione
Historisches Institut
Luogo
Bern
Anno
2017/2018
Abstract
In Anlehnung an bereits existierende historisch-hydrologische Untersuchungen zu Basel, Freiburg, Olten und anderen Standorten untersucht die Masterarbeit die Entwicklung von Hochwassern der Aare seit der Frühen Neuzeit in Aarau. Studien zur historischen Hydrologie bzw. zu Hochwasserrekonstruktionen vereinen verschiedene Disziplinen und Aspekte. Betrachtungen zu Hochwassern als einem hydrologischen Phänomen mit seinen mitunter schwerwiegenden Folgen für Siedlungen und Leben verbinden Aspekte aus den Naturwissenschaften und Sozialwissenschaften in vielfältiger Weise. In der Masterarbeit wird versucht, diese Interdisziplinarität in der Kombination klassisch historisch-hermeneutischer Methodik mit geobasierten und statistischen Ansätzen herzustellen. Dazu wird ein weitläufiges Quellenkorpus bestehend aus Verwaltungsschriften, Chroniken, bildlichen Quellen (Plänen und Stadtansichten) sowie Zeitungsartikeln analysiert und auf Scheitelwasserstände, Saisonalität, Ursachen und externe Einflüsse untersucht.
Das historische Aarau wurde auf einer Anhöhe, einige Meter über der Aare gebaut. Lange Zeit waren eine flussquerende Brücke und einige Gebäude zum Unterhalt derselben die einzigen hochwassergefährdeten Bauwerke der Stadt. Weiteres Schadenpotential bestand in dem tiefer gelegenen Garten- und Ackerland, welches regelmässig überschwemmt wurde. Mit der Zeit erlaubte eine teilweise natürliche, teilweise anthropogen herbeigeführte Eintiefung des Flussbettes eine immer intensivere Nutzung dieser ursprünglichen Schwemmflächen.
Zwischen 1400 und 1900 konnten 39 Hochwasserereignisse mit zumindest niederer Intensität datiert werden. Dies übertrifft jegliche bisherigen Auflistungen zu Aarau und ist vergleichbar mit der Anzahl historischer Hochwasserereignisse in ähnlich gelegenen Städten in der Schweiz und dem grenznahen Ausland. Bei zehn Ereignissen war es erstmals möglich, eine fundierte wenngleich breit gestreute Schätzung zum Wasserhöchststand in Metern über Meer anzugeben. Die Analyse der saisonalen Frequenz von Hochwassern offenbart, dass die Ereignisse vor 1700 signifikant früher im Jahr stattfanden als in der Vergleichsperiode zwischen 1700 und 2007. Der Rückgang von Winter- und Frühjahrshochwassern nach 1700 wird in der Literatur auch für Gebiete in Deutschland beobachtet. Hinsichtlich flussbaulicher Massnahmen ergibt sich in Aarau das Bild, dass schon früh erste Bauwerke erstellt wurden, diese aber in einer Gesamtbetrachtung nur wenig Einfluss auf das System hatten. Einem effektiven grossräumigeren Eingriff standen bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts politische Differenzen mit Nachbargemeinden aus den Kantonen Aargau und Solothurn entgegen. Grossen Einfluss auf das Flusssystem in Aarau hatten die Kander-Umleitung von 1714 und die erste Juragewässerkorrektion ab 1868. Beide Projekte forcierten die Eintiefung des Aareflussbettes bei Aarau und verminderten somit die Gefahr von Hochwassern.
Hinsichtlich möglicher Erklärungsmuster für einzelne Hochwasser wurde untersucht, inwiefern verursachende Prozesse aus den zeitgenössischen Quellen oder neuerer Literatur herbeigezogen werden können. Als relevante Kategorien wurden Eis- und Schneeschmelze, Treibholz und Unfälle, sowie der Einfluss des Emme-Einzugsgebietes identifiziert. Obgleich es einige wenige Nennungen in den Quellen gibt, spielten weder Eis noch Schnee eine wichtige Rolle als Auslöser für Hochwasser in Aarau. Dies steht in Kontrast zu Untersuchungen zu Wien, wo Eisstösse bei 40 bis 50 Prozent der Ereignisse im 17. und 18. Jahrhundert eine Rolle spielten. Die Brücke, welche bei Aarau über die Aare führt, war lange Zeit eines der verletzlichsten Bauwerke bei Hochwassern. Die Untersuchung zeigt, dass der grösste Teil der Nennungen einer beschädigten oder zerstörten Brücke tatsächlich mit hohem Wasserstand in Verbindung gebracht werden kann. Bootsunfälle spielten dabei eine eher kleinere Rolle, während Holzflösse vor allem im 19. Jahrhundert ein immer drängenderes Problem wurden. Während bei Bootsunfällen meist keinerlei Verbindung zum aktuellen Wasserstand gemacht werden kann, erlauben die Berichte zu losgerissenen und abgeschwemmten Flössen eine zumindest ansatzweise Verbindung mit erhöhten Wasserständen.
In einem weiteren Kontext wurde der Einfluss von Emme-Hochwassern auf die Perzeption von Hochwassern in Aarau untersucht. Der Vergleich einer Zeitreihe historischer Hochwasser der Emme mit den Ergebnissen zu Aarau zeigt, dass die Emme ein wichtiger Faktor zu einer grossräumigen Hochwasserdisposition der Aare ist. Gleichzeitig sind Hochwasserwellen der historischen Emme als alleiniger Trigger für Ereignisse in Aarau nur bedingt verantwortlich.
Es kann gezeigt werden, dass eine Hochwassergeschichte der Aare in Aarau zu einem tieferen Verständnis der Vergangenheit und der Landschaftsentwicklung beitragen kann. In einem nächsten Schritt gilt es die Erkenntnisse aus weiteren Städten des Einzugsgebietes miteinander zu verbinden um fundierte Aussagen über Muster im Klima, der Hydrologie und anderen Ursachen dieser Hochwasser zu erlauben. Hydraulische Modelle könnten zur Beurteilung und Validierung der geschätzten Scheitelwasserstände sowie der gefundenen Abflussschätzungen aus dem 19. Jahrhundert beigezogen werden.