Das Haus in der Politiktheorie des 16. Jahrhunderts. Martin Luther und Jean Bodin

Cognome dell'autore
Adrian
Bürki
Tipo di ricerca
Tesi di laurea
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
Prof.
Peter
Blickle
Istituzione
Historisches Institut
Luogo
Bern
Anno
1999/2000
Abstract

Die Arbeit beabsichtigte, anhand zweier ausgewählter Autoren die Bedeutung des Hauses für die politische Theorie des 16. Jahrhunderts näher zu untersuchen.

 

Die Lebensform des Hauses erscheint im 16. Jahrhundert als idealtypisches Vorbild für den frühmodernen Staat. Der gute Hausvater, der um seine Familie, die Knechte und das Gesinde besorgt ist, wird gleichgesetzt mit dem Landesfürsten, der als Landesvater für das allgemeine Wohl seiner Landeskinder sorgt. Im Reich wird diese Vorstellung mit der Reformation stark gefördert. Grundlage dazu sind verschiedene Schriften von Luther, in denen er das Haus mit dem Staat assoziiert. Er kann dabei schon auf vorreformatorische Vorbilder zurückgreifen, doch scheint sich die patriarchalische Theorie erst mit ihm durchzusetzen. Der Theologe Luther stützt sich dabei vor allem auf die Bibel, insbesondere auf das 4. Gebot (‚Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren‘). Dieses Gebot erweitert Luther auf das Verhältnis zwischen Landesfürsten und Untertanen. Durch den Grossen und Kleinen Katechismus von Luther, welche zu den einflussreichsten Schriften der lutherischen Kirche zählen, wurde diese Vorstellung weit verbreitet. Nur ein Staat, organisert nach dem Vorbild des Hauses, konnte für Luther eine rechte und gute staatliche Ordnung garantieren, die das gemeine Beste und den allgemeinen Nutzen förderte.

 

Das Haus als Vorbild für die rechte staatliche Ordnung sah aber nicht nur in reformierten Gebieten einen Aufschwung. Auch in der politischen Theorie Frankreichs wurde im 16. Jahrhundert die Ordnung im Haus als Vorbild für die staatliche Ordnung betrachtet. Jean Bodin gründet in seinem grossen und einflussreichen Werk ‘Les six Livres de la République‘ den Staat auf das Fundament von wohlgeordneten Häusern. Genau gleich wie bei Luther sind die Verhältnisse im Haus Vorbild für die staatliche Ordnung. Der König hat als Landesvater für das Wohl seiner Landeskinder zu sorgen, die ihm im Gegenzug Gehorsam schuldig sind. Während Luther seine Argumentation vor allem auf Bibeltexte stützt, betont Bodin als Jurist auch die antike römische Tradition. Der ‘pater familias‘ hatte fast unbegrenzte Gewalt über seine Familie und die römischen Kaiser schmückten sich mit dem Titel ‘pater patriae‘. Bodin forderte eine fast unbeschränkte Gewalt des Königs gegen die Untertanen, sie wurde nur durch die väterliche Milde, die ‘clementia‘ beschränkt, welche den König zum guten Regieren verpflichten sollte.

 

Beide Theorien waren aus dem Bedürfnis entstanden, für eine, aus dem Blickwinkel von Luther und Bodin, krisenhafte und unübersichtliche Zeit eine klare staatliche Ordnung herzustellen. Sowohl im Deutschen Reich wie auch in Frankreich fielen die Theorien von Luther und Bodin auf fruchtbaren Boden. Die Theorie traf sich mit den Bedürfnissen der politischen Eliten, welche es verstanden, ihre Machtbasis zu Beginn der Frühen Neuzeit auszudehnen. Ihre Stellung wurde durch die Theorie theologisch legitimiert und damit massiv gestärkt. Luther und Bodin wurden in der Folge von den Obrigkeiten zu ihren Gunsten interpretiert. Die Pflichten der Landesväter gegenüber ihren Landeskindern wurden von den Obrigkeiten weit weniger betont als die Pflichten der Untertanen gegen ihre Fürsten oder den König.

 

Neben der Beschäftigung mit den Theorien von Luther und Bodin zu Haus und Herrschaft, welche sich bei Bodin auf das Gesamtwerk und bei Luther auf einzelne ausgewählte Schriften stützen, beschäftigt sich die Arbeit in einem dritten Teil mit der Bedeutung und dem Zustand des Hauses in der frühneuzeitlichen Gesellschaft ausserhalb der Theorie.

 

Mit der Wichtigkeit, die das Haus als Idealtypus der Herrschaftsform in der politischen Theorie gewinnt, sieht das 16. Jahrhundert auch im politischen Alltag einen Aufschwung des Hauses. Es ist davon auszugehen, dass sich die beiden Entwicklungen gegenseitig beeinflusst haben. Der frühmoderne Staat war auf neue Stützen seiner Herrschaft angewiesen. Sozialgeschichtliche Untersuchungen zeigen, dass der werdende moderne Staat auf das Haus als existierende gesellschaftliche Einheit zurückgriff, um seine Position zu stärken. Die Hausvorsteher waren nicht nur aus politischer, sondern vor allem auch aus wirtschaftlicher Sicht attraktive Partner für die Obrigkeiten. Zur Erfassung als Steuereinheit bot das Haus ideale Voraussetzungen , als Institution war es in der Gesellschaft anerkannt und verankert.

 

Obwohl eine eindeutige Tendenz zu erkennen ist, dass ab dem 16. Jahrhundert das Haus als Institution im Staat gestärkt wurde und die Obrigkeiten die Theorie des Hauses für ihre Zwecke benutzten, bleibt die genaue Bedeutung des Hauses und das Funktionieren der Politk über das Haus nicht genau geklärt. Dazu bräuchte es noch mehr Studien, welche Ansätze der Theorie an lokalen realpolitischen Beispielen untersuchen würden.

 

Obwohl die Politiktheorie von Luther und Bodin in vielen Belangen nicht nach ihren Wünschen umgesetzt wurde, beeinflusste sie doch nicht nur die nachfolgende Politiktheorie, sondern auch die politische Praxis in entscheidender Weise. Diese Tatsache macht sie zu bedeutenden Politiktheoretikern ihrer Zeit.

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