Eine Geschichte von Schein und Sein. Der männliche Ehrenkodex im Widerspruch zur Entwicklung der Frauenrolle in der sizilianischen Cosa Nostra 1960-1995

Cognome dell'autore
Ariane
Studer
Tipo di ricerca
Tesi di laurea
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
Prof.
Joachim
Eibach
Istituzione
Historisches Institut
Anno
2008/2009
Abstract

Traditionell war die Cosa Nostra eine männliche Geheimorganisation, in die junge Männer nach einer sorgfältigen Auswahl und Prüfung aufgenommen wurden. Mit dem Initiationsritual verpflichtete sich das neue Mitglied zur absoluten Treue gegenüber der Organisation. Die Cosa Nostra hatte ihre eigenen Regeln. Eine davon schrieb vor, dass die Mafiosi ihre Frauen unter keinen Umständen in die Tätigkeiten der Cosa Nostra einweihen durften. Doch diese Bestimmung wurde seit der Entstehung der Mafia in Sizilien in den 1860er Jahren bis heute nur scheinbar befolgt. Seit gut zwanzig Jahren wird in den Medien zunehmend über Frauen berichtet, die in der einen oder anderen Weise in das organisierte Verbrechen auf Sizilien verwickelt waren.

 

Die Lizentiatsarbeit befasst sich zum einen mit der Cosa Nostra als rein männlicher Geheimgesellschaft. Der zeitliche Schwerpunkt liegt auf den Jahren 1960 bis 1995, wobei auch Rückblicke ins 19. Jahrhundert gemacht werden, um Kontinuitäten aufzuzeigen. Es wird auf die Frage nach den Vorstellungen von Ehre und Männlichkeit eingegangen und gezeigt, dass der strenge Verhaltenskodex oft weit von der Praxis entfernt war. Nur so ist zu erklären, warum nach und nach auch Frauen in der Geschichte der Cosa Nostra auftauchten. Infolgedessen wird zum andern die Rolle der Ehefrauen, Mütter, Töchter und Schwestern von Mafiosi untersucht. Dabei wird von der Hypothese ausgegangen, dass sich diese während des Untersuchungszeitraumes verändert hat. Während die Allgemeinheit sowie auch die Richter und Staatsanwälte noch lange daran glaubten, die Cosa Nostra bestehe ausschliesslich aus Männern, wurden die Frauen in diversen Bereichen (beispielsweise Drogenschmuggel, Verwaltung der Vermögen und Geldwäscherei) aktiver. Es wird die Frage aufgeworfen, ob sogar von einer weiblichen Emanzipation in der Mafia gesprochen werden kann.

 

Dass auch in der Forschung das Thema weibliche Mafiose erst in den letzten zwanzig Jahren diskutiert wurde, hat damit zu tun, dass die Cosa Nostra lange erfolgreich ein nicht der Realität entsprechendes Selbstbild gezeichnet hat. Die Cosa Nostra verstand es während der langen Zeit ihres Bestehens immer wieder, sich als Form der traditionellen sizilianischen Kultur zu geben. Sie bediente sich der kulturellen Kodizes, instrumentalisierte sie, modifizierte sie und machte daraus ein eigenes Erscheinungsbild. Dazu gehörte, dass sie sich als Beschützerin der Armen und Schwachen, aber auch der Frauen und Kinder darstellte. Bei der Interpretation der Quellen ist es wichtig, diese Tatsache zu berücksichtigen.

 

Anhand von juristischen Unterlagen wie Verhörprotokollen von Aussteigern (sog. pentiti), Anklageschriften und der etwas mehr als dreissig Bände umfassenden Dokumentation des parlamentarischen Untersuchungsausschusses wird in der Arbeit gezeigt, welche Aufgaben die Frauen innerhalb der Cosa Nostra übernahmen und in welchen Punkten sie angeklagt wurden. Bei der Betrachtung der einzelnen Beispiele ist festzustellen, dass die informelle Macht der Frauen schon früh vorhanden war. Informell blieb sie bis zum Ende des Untersuchungszeitraumes, da bis dahin nie eine Frau mit dem Initiationsritual in die Cosa Nostra aufgenommen wurde. Die Formen der Macht und der Entscheidungsgewalt gestalteten sich unterschiedlich und nahmen im Laufe der Zeit in ihrer Intensität zu. Im untersuchten Zeitraum erreichte jedoch keine Frau die Position eines Bosses (capo). Die Macht der Frauen war stets von Männern delegiert und temporär. Die Arbeit zeigt, dass daher von einer Emanzipation der Mafiose bis 1995 nicht gesprochen werden kann. Die Gründe, weshalb sie eingesetzt wurden, bestätigen diese Schlussfolgerung. Beispielsweise wurden Frauen für den Drogenschmuggel berufen, da sie als grundsätzlich weniger verdächtig galten.

 

Sie wurden von der Cosa Nostra demzufolge strategisch eingesetzt und ihre Macht ging nur soweit, wie es die Mafiosi zuliessen. Die Frauen waren bis in die Mitte der neunziger Jahre Teil der Anpasder männlichen Geheimorganisation Cosa Nostra. sungsfähigkeit und strategischen Geschicklichkeit

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