Der biologische Lebensstandard im Kanton Zürich im 19. Jahrhundert. Eine historisch-anthropometrische Studie zum Entwicklungsverlauf der Körpergrössen im Kanton Zürich von 1774-1900.

Cognome dell'autore
Ariane
Studer
Tipo di ricerca
Tesi di laurea
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
Prof.
Christian
Pfister
Istituzione
Historisches Institut
Luogo
Bern
Anno
2008/2009
Abstract


Das Ziel der Lizentiatsarbeit ist es, einen Einblick in die Lebensumstände der Bewohner des Kantons Zürich im Untersuchungszeitraum von 1774-1900 zu geben. Dazu wurden in einer anthropometrischen Untersuchung die Körpergrössen von Personen aus dem Kanton Zürich statistisch ausgewertet. Das menschliche Längenwachstum wird neben der erblichen Veranlagung von verschiedenen Faktoren wie beispielsweise der Ernährungslage, dem Krankheitsumfeld und der Arbeitsbelastung beeinflusst und anhand der Körpergrösse einer Gruppe von Menschen kann eine Aussage über deren biologischen Lebensstandard gemacht werden. Als Quelle dienten die Passregister des Kantons Zürich.

Die gesammelten Körpergrössendaten der Frauen und Männer des Kantons Zürich wurden auf folgende Aspekte hin untersucht: Unterschiede der mittleren Körpergrössen und deren zeitlicher Verlauf bei Männern und Frauen, regionale Unterschiede und Auswirkung der Schichtund Berufszugehörigkeit. Zusätzlich wurde versucht, Auffälligkeiten in der Körpergrössenentwicklung der verschiedenen Gruppen anhand von Sekundärliteratur und der sozioökonomischen Situation im Kanton Zürich zu erklären.

Die Arbeit ist in vier Hauptteile gegliedert: Im ersten Teil wird der Forschungsstand der anthropometrischen Geschichtswissenschaft dargelegt. Des Weiteren wird ein Überblick über das Längenwachstum des Menschen geboten. Das Ziel des zweiten Teils ist es, möglichst viele Facetten aufzuzeigen, welche die Entwicklung des biologischen Lebensstandards der untersuchten Bevölkerung beeinflusst haben könnten. Im dritten Teil wird auf die der Arbeit zu Grunde liegenden Quelle – die Passregister des Kantons Zürich – und die daraus entstandene Datenbank eingegangen. Es werden sowohl Möglichkeiten als auch Grenzen der Analyse aufgezeigt. Im letzten Teil der Arbeit folgt die Auswertung der gesammelten anthropometrischen Daten.

Die Analyse der Körpergrössen zeigt, dass sich diese im Untersuchungszeitraum nicht bei allen untersuchten Gruppen identisch entwickelten: Die mittleren Körpergrössen der Frauen (Stadt und Land), der weiblichen und männlichen Unterschicht sowie der männlichen Landbewohner nahmen ab der Mitte bis zum Ende des 19. Jahrhunderts (teilweise signifikant) zu. Somit kann angenommen werden, dass sich der biologische Lebensstandard dieser Gruppen im Verlauf des 19. Jahrhunderts verbesserte. Im selben Zeitraum stiegen die Reallöhne an und der Fleischkonsum nahm zu. Gegen Ende des Jahrhunderts wurden durch den Ausbau der Eisenbahn regionale und internationale Märkte erschlossen und das Fabrikgesetz, welches 1878 in Kraft trat, verbesserte die Lage der Fabrikarbeiter. Welche dieser Entwicklungen den biologischen Lebensstandard der Betroffenen am stärksten verbesserte, lässt sich hingegen nicht sagen.

Die männlichen Stadtbewohner und die Angehörigen der Mittelund Oberschicht behielten offenbar über den Untersuchungszeitraum hindurch einen ähnlichen biologischen Lebensstandard und zeigten auch aufgrund von Krisen einen kleineren Einbruch der mittleren Körpergrössen als die männlichen Angehörigen der Unterschicht und die Landbewohner. Dieses Ergebnis zeigt, dass Angehörige der Unterschicht über einen geringeren biologischen Lebensstandard verfügten als Mittelund Oberschichtangehörige. Dies lässt sich damit begründen, dass Angehörige der Unterschicht oft körperlich anstrengende Arbeit verrichten mussten. Damit benötigten sie mehr Nahrung; gleichzeitig konnten sie sich seltener teure Nahrung mit tierischen Eiweissen und eine (gute) medizinische Versorgung leisten.

Insgesamt zeigte die Analyse, dass das männliche Längenwachstum geringer auf Krisen reagierte als dasjenige der Frauen. Die mittlere Körpergrösse von Männern sowie Frauen reagierte am negativsten auf Krisen, wenn diese während der Pubertätsjahre stattfand und so den pubertären Wachstumsschub beeinträchtigte. Die Entwicklungen der Männer und Frauen können jedoch nicht direkt miteinander verglichen werden, weil der Datensatz der ersteren vor allem die Mittelschicht repräsentiert, während bei den Frauen die Unterschicht eher überrepräsentiert ist und von daher schichtspezifische Unterschiede in Betracht gezogen werden müssen.

Es gab demnach im biologischen Lebensstandard sowohl Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern als auch regionale und schichtspezifische Unterschiede. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass sich die Unterschiede im biologischen Lebensstandard zwischen den untersuchten Gruppen gegen Ende der Untersuchungsperiode verringerten und somit die betroffenen Personen die genetischen Grenzen, welche die maximale Körpergrösse vorgeben, besser ausschöpfen konnten.

Accesso al lavoro

Biblioteca

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