Koloniale Tiere? Tierbilder im Kontext des Kolonialismus

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Conferenza
Eine Tagung im Rahmen der Ausstellung August Gaul. Moderne Tiere am Kunstmuseum Bern, in Zusammenarbeit mit der Hochschule der Künste Bern und der Universität Bern Löwen, Elefanten, Strausse, Kamele und ein Tapir bevölkern die Tierwelt August Gauls (1869–1921). Dabei hat der berühmte deutsche Tierbildhauer und Mitbegründer der Berliner Secession im Gegensatz zu manchem Künstlerkollegen nie selber Fuss auf den Boden europäischer Kolonien gesetzt. Seine Tiere fand er direkt vor der Haustür, im Berliner Zoologischen Garten und im Naturkundemuseum. Dort waren sie stolz als Erwerbungen aus Kolonialgebieten ausgewiesen oder als Ankäufe aus vergangenen Völkerschauen – inszeniert in orientalisierenden Stilbauten, die eine Koevolution von Natur und Kultur nahelegten, oder ausgestopft in lebensechten Dioramen, die eine unberührte Wildnis vortäuschten. Doch nicht nur in Zoo und Museum begegneten ihm «exotische» Tiere: Koloniale Tierfilme gehörten zu den Kassenschlagern des frühen Kinos, Diavorträge mit Blitzlichtfotografien jagender Wildtiere lockten das Massenpublikum in die Auditorien und Bilder afrikanischer und südasiatischer Fauna prangten an Fassaden von Handelshäusern ebenso wie auf Werbetafeln für Kolonialwaren. Inwiefern war diese Popularität «exotischer» Tiere um 1900 – in den Künsten wie auch in der Wissenschaft und Populärkultur – eine Folge der europäischen Kolonialexpansion, die die europäischen Sammlungen schlagartig anwachsen liess und in deren Zuge die Grenzen von Natur und Kultur, «Wildheit» und «Zivilisation» an und mit Tierkörpern visuell verhandelt wurden? Welche Bedeutung hatten Tierbilder für die Bewerbung des Kolonialgedankens, wie auch für die Prägung von Vorstellungen des «Eigenen» versus «Fremden», von verführerischer Ursprünglichkeit und «legitimer» Eroberung? Und inwiefern ging die Exotisierung von Tieren mit einer Exotisierung von Menschen, ihrem «Othering» und ihrer Sexualisierung einher? Die Tagung widmet sich dem kolonialen Kontext, in dem August Gauls Plastiken «exotischer» Tiere entstehen und als Publikumslieblinge reüssieren konnten. Sie fragt dabei auch nach dem Fortleben kolonialer Bildwelten in heutigen visuellen Medien, sowie nach ihren Auswirkungen auf globale Machtgefüge, Vorstellungswelten und Herrschaftspraktiken. PROGRAMM FREITAG, 15.10.2021 18.00–20:00 TIERBILDER IM KOLONIALEN KONTEXT Moderation: K. Lee Chichester Begrüssung: Nina Zimmer (Direktorin, Kunstmuseum Bern) Einführung: August Gauls «exotische» Tiere: Tierplastik im Kontext des Kolonialismus K. Lee Chichester (Ausstellungskuratorin, Kunstmuseum Bern) Authentizität und Inszenierung: Fotografien und Illustrationen «exotischer» Tiere um 1900 Alexander Gall (Deutsches Museum, München) SAMSTAG, 16.10.2021 10:00–12.30 «EXOTISCHE» TIERE Moderation: Étienne Wismer What Does Colonialism Do to Animals? Examples From the Exhibition «Exotic?» Noémie Étienne (Universität Bern) Objekte der Begierde: Exotisierung und Sexualisierung von Mensch und Tier um 1900 (Virtueller Vortrag) Chonja Lee (Universität Bern) Spektakuläre Bestien – «Exotische» Tiere in der frühen Bildreklame Miriam Oesterreich (Universität der Künste Berlin) – MITTAGSPAUSE – 14:00–15:30 BILDER AFRIKANISCHER «WILDNIS» Podium: Künstlerische oder wissenschaftliche Praxis? Das Präparieren von Tieren im historischen Kontext Priska Gisler, Sarah Csernay und Luzia Hürzeler (Hochschule der Künste Bern) im Gespräch mit Christoph Meier (Präparator) und Petra Lange-Bernd (Universität Hamburg) mit einem Schlusskommentar zur Zukunft der «Tiere Afrikas», der Dioramen-Sammlung im Naturhistorischen Museum Bern durch Stefan Hertwig (Naturhistorisches Museum Bern) – KAFFEE-PAUSE – 16:00–17:30 TIERSCHUTZ UND KOLONIALISMUS Moderation: Mathias Lörtscher Namelessness: Colonial Epistemes and Zoology's Silenced Contributors Stefanie Zehnle (Universität Kiel) Conservation Areas – The New African Colonies (Virtueller Vortrag) Mordecai Ogada (Nanyuki, Kenya) – APÉRO EMPFANG – 18:30–20:00 DER KOLONIALE TIERFILM Moderation: Kathrin Steinegger Tier- und Jagdfilme im kolonialen Kino und ihr Nachleben Wolfgang Fuhrmann (Medellín, Kolumbien) Teilnehmerzahl beschränkt. Tickets unter: kunstmuseumbern.ch/TagungGaul
Bild: August Gaul (22.10.1869 - 18.10.1921) Laufender Strauss, 1900 Bronze, Flügelspitzen vergoldet, 41 cm, Kunstmuseum Bern, Leihgabe der Zwillenberg-Stiftung
Organizzato da
K. Lee Chichester, Sarah Csernay, Priska Gisler und Luzia Hürzeler

Veranstaltungsort

Kunstmuseum Bern
Hodlerstrasse 8-12
3011 
Bern
Lingua/e della manifestazione
Tedesco

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Informazioni sui costi

CHF 0.00