"Geben und Nehmen“ – Stars und Starkult im Dienste des Nationalsozialismus. Eine Untersuchung zur Instrumentalisierung der Stars als Propagandamittel.

Cognome dell'autore
Tamara
Schwab
Tipo di ricerca
Tesi di laurea
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
Prof.
Stig
Förster
Istituzione
Historisches Institut
Luogo
Bern
Anno
2006/2007
Abstract

Der Film als Propagandamittel ist Ausgangspunkt der Lizenziatsarbeit. Die Arbeit untersucht die Frage, ob es im Deutschen Reich einen Starkult gab und die Stars bewusst als Propagandamittel instrumentalisiert wurden. Ausgehend von Memoiren, Autobiographien und Biographien, wird der Sichtweise der Filmschaffenden diejenige von Joseph Goebbels gegenübergestellt. Anhand der Einträge in seinen Tagebüchern, den Rollenbesetzungen und aufgrund seiner gehaltenen Reden vor Filmschaffenden wird es möglich, die staatliche Kontrolle und Einflussnahme, sowie die Instrumentalisierung der Filmschaffenden als Propagandainstrument aufzuzeigen. In einem weiteren Schritt wird die nationalsozialistische Propaganda analysiert und diese in den Zusammenhang mit der Theorie des Starkultes gestellt. Aus dieser Theorie hat sich herauskristallisiert, dass dem Phänomen Starkult mit seinen Bestimmungsfaktoren Identifikation, Imitation, Idealisierung, Projektion, Vorbild und Leitbild eine grosse Bedeutung beigemessen wurde. Die Filme und ihre Stars waren Garant dafür, das Publikum in die Kinos zu locken. Wie sich mit den Darlegungen zum Begriff der Propaganda ausserdem gezeigt hat, kann der Starkult als Mittel deren Zielerlangung dienen. Die Hauptfunktion der Beeinflussung von Gedanken und Verhaltensweisen kann durch den Star oder die von ihm verkörperte Rolle und die damit zusammenhängende Imitation erreicht werden. Stars und der Kult um sie wurden absichtlich kreiert und gefördert, was aufgrund der filmpolitischen Organisation im Dritten Reich ohne Probleme möglich war. 

 

Aufgefallen ist die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis. Einerseits sollten Gesetze und Verordnungen garantieren, dass nur „zuverlässige“ Künstler eine Arbeitserlaubnis erhielten. Andererseits wurden erfolgreiche und vom Publikum geliebte Schauspieler mit Sondergenehmigungen ausgestattet, die aufgrund ihrer „jüdischen Versippung“, ihrer Gesinnung oder ihres Verhaltens eigentlich nicht „systemkonform“ gewesen wären. Wer hingegen als „nicht zuverlässig“ galt, wurde mit einem Berufsverbot belegt, musste emigrieren oder wurde gar in Gefangenschaft umgebracht. Durch beispiellose wirtschaftliche und soziale Förderungsmassnahmen versuchte der Staat sich die Künstler zu verpflichten oder zumindest die Tolerierung aller nationalsozialistischen Massnahmen zu erreichen. Die Nähe zur Macht war fast immer mit materiellen Vorteilen verbunden. Anpassung bedeutete Ruhm, Ehre und Reichtum. Erst vor Kriegsende, als die Niederlage Hitlers abzusehen war, versiegten grösstenteils die umso dringlicher gewordenen Gunstbezeugungen.

 

Hinter den Kulissen der Traumfabrik wurde um Vorteile, lebenserhaltende Stellungen und um Anerkennung gerangelt wie im Zuschauerraum. Die Gründe, sich in den Dienst des NS-Regimes zu stellen, waren vielfältig und individuell verschieden. Ganz sicher war aber der Widerspruchsgeist der Stars nicht besonders hoch, auch wenn dies der eine oder andere in seinen Memoiren glauben machen will. Viele dieser Menschen wären niemals so weit gekommen (und viele Filme nicht entstanden), wenn der Staat ihrem Opportunismus nicht mit fast unbeschränkten Mitteln gedankt hätte. Auch der „Verkehr am Hofe“ war keinesfalls eine solche Zumutung, wie später oft dargestellt wird. Die Stars hatten ein konstantes Image und blieben so glaubwürdig – sie liessen sich mal mehr oder weniger vom Staat instrumentalisieren. Verblüffend war, wie oft die Selbstdarstellung der Stars von den überlieferten Dokumenten und Goebbels Schilderungen abweichen. Die meisten Schauspieler relativieren ihr „Mittun“ oder bestreiten, vom Staat in den Dienst genommen worden zu sein. Sie geben höchstens zu, verführte Künstler gewesen zu sein. Eine politische Mitverantwortung weisen sie weit von sich. Nur ganz wenige von „Hitlers Künstler“ hatten ihre Privilegien und ihre herausgehobene Position genutzt, um verfolgten Kollegen, Freunden und Bekannten zu helfen. Die subjektiven Darstellungen lesen sich deshalb wie Rechtfertigungsversuche, alle empfanden sich als unschuldige Opfer.

 

Auch hat sich gezeigt, dass das Verhältnis von Staat und Schauspielern ein Netz von Verflechtungen war. Auf beiden Seiten bestand ein „Geben und Nehmen“, welches sich mal mehr oder weniger die Waage hielt. Seitens des Staates dominierte das System von „Zuckerbrot und Peitsche“. Durch die institutionellen Voraussetzungen und Zentralisierung der Macht war es möglich geworden, auf das Leben der Stars grossen Einfluss zu nehmen. Mittels filmpolitischen Massnahmen, Druckmittel und Strafen war die Berufsausübung aber auch das private Leben reglementiert. Die hohen Gagen scheinen aber für vieles entschädigt zu haben, führt man sich vor Augen, dass viele Stars über Villa, Landhaus und Auto mit Chauffeur verfügten. Reichtum und Ehre stand gegen Propagandaleistungen. Willfährigkeit wurde direkt mit Reichsmark vergolten.

Accesso al lavoro

Biblioteca

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