Am 10. und 11. Mai 1861 verwüstete ein Grossbrand das ganze Städtchen Glarus beinahe vollständig. Dem Feuer, das vom gefürchteten Föhnsturm schnell weitergetragen wurde, hatten die Glarner nichts entgegenzusetzen. 600 Gebäude brannten nieder, über 2’200 Menschen verloren ihr Obdach, und nicht wenige mussten mit ihrem Leben bezahlen.
Die heutige, hochtechnisierte Gesellschaft ist sich der Gefahren des Feuers kaum mehr bewusst. Die Lizentiatsarbeit geht in einem ersten Teil auf diese Gefahren ein und zeigt auf, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit ein Feuer – früher wie heute – erfolgreich gelöscht werden kann. Die wichtigste Grösse war und ist sicher die Geschwindigkeit der Reaktion: Je schneller alarmiert wird, desto grösser ist die Chance für eine erfolgreiche Brandbekämpfung. Ein weiterer Faktor ist die Bauweise: Eng aneinander gereihte Holzbauten mit weicher Bedachung (Holzschindeln, Stroh) begünstigen einen Grossbrand. Wenn zudem stürmische Winde den Funkenregen von Haus zu Haus tragen, sind die Erfolgschancen selbst heute sehr gering, einen Brand einzudämmen.
Im zweiten Teil der Arbeit wird die Brandkatastrophe von Glarus geschildert, die eine aussergewöhnliche Solidaritätswelle auslöste. Bereits bei der Brandbekämpfung und den darauf folgenden Räumungsarbeiten konnten die Glarner auf Hilfe aus der ganzen Schweiz zählen. Bei der Spendensammlung spielte die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) eine entscheidende Rolle: Bereits am Tag nach dem Brand erschien die erste Meldung über eine mögliche Brandkatastrophe und sofort wurde ein Korrespondent nach Glarus entsandt. Die Zeitung berichtete im grossen Stil und auf mehreren Seiten über das Geschehen im Katastrophengebiet. Beinahe täglich wurden Spendenaufrufe von verschiedenen Organisationen abgedruckt, die Spender einzeln aufgeführt und fortlaufend durchnummeriert. Die NZZ beleuchtete facettenreich das schreckliche Ereignis, nährte Spekulationen über mögliche Brandursachen und lobte die gesamtschweizerische Spendenfreudigkeit. Die Verteilung dieser Spendengelder stellte für das Glarner Hilfskomitee eine Herausforderung dar. Die Frage, wer Spenden erhalten sollte und wer nicht, führte zu hitzigen Diskussionen. Besonders strittig war die Frage, ob Versicherte und NichtVersicherte gleichgestellt werden sollten. Einerseits wollte man gerade der ärmsten (und daher nicht-versicherten) Bevölkerung einen Grossteil der Gelder zusprechen. Andererseits sollten die Versicherten für ihre sinnvolle Voraussicht nicht bestraft werden. Nach langer Auseinandersetzung einigte man sich auf eine Mischform. Im Weiteren wurde kontrovers diskutiert, ob der Kanton und/oder die Gemeinde Glarus auch einen Teil der Liebesgaben erhalten sollten. Die Mehrheit war grundsätzlich der Meinung, dass die Hilfsgelder für die brandgeschädigten Privaten bestimmt seien. Das Land habe keine Rechtsansprüche auf die Kasse der Hilfsgelder; aber nachdem nun ein solcher Reichtum der Gaben vorhanden sei, „habe man es allseitig für billig gefunden, dass auch dem so schwer geschädigten Lande, [...], ein ordentliches Kontingent zufliesse“.
Aus Schaden wird man klug: Ein Gesetz regelte den Wiederaufbau von Glarus. Feuerpolizeiliche und präventive Massnahmen sollten eine erneute Brandkatastrophe verhindern. Bedachungen aus Holz (Schindeln) oder anderem feuergefährlichen Material wurden verboten. Dies galt nicht nur für Neubauten. Innerhalb von zwei Jahren sollten auch die Schindeldächer der unversehrten Häuser ersetzt werden. Zudem durften in den Wohnquartieren keine hölzernen Gebäude mehr errichtet werden.
Brandkatastrophen wurden in der Geschichtsforschung bis jetzt nur als Episoden betrachtet, und ihre Wahrnehmung ist somit einseitig auf einzelne Ereignisse beschränkt. Auch diese Lizentiatsarbeit konzentriert sich auf einen einzelnen Grossbrand. Sie versucht aber, über das einzelne Ereignis hinaus Einblicke in die historische und aktuelle Brandbekämpfung zu geben und damit Verständnis für das Feuerlöschwesen zu schaffen.