Tipo di ricerca
Tesi di master
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
Prof.
Svenja
Goltermann
Istituzione
Neuzeit
Luogo
Zürich
Anno
2013/2014
Abstract
Am 11. September 1973 putschte das Militär in Chile. Zahlreiche angebliche Staatsfeinde suchten daraufhin internationalen Schutz vor Verfolgung; in der Schweiz blieben für die allermeisten dieser Flüchtlinge die Türen jedoch verschlossen. Diese Reaktion war neu. Während die Schweiz in den 1950er und 1960er Jahren eine grosszügige Asylpolitik betrieben hatte und Flüchtlingskontingente im drei- und vierstelligen Bereich aufgenommen worden waren, beschloss der Bundesrat im Fall Chile, lediglich ein Kontingent von 200 Flüchtlingen aufzunehmen. Aus Ablehnung gegenüber dieser restriktiven Kontingentspolitik des Bundesrates entstand die Freiplatzaktion für Chileflüchtlinge (FPA). Dieser neue Akteur stellte die Grundsätze der Flüchtlingspolitik und - hilfe sowie die Kompetenz der damaligen Akteure in Frage. Zu den damaligen Akteuren gehörten die Eidgenössische Polizeiabteilung des EJPD, die Flüchtlingshilfswerke und die Schweizerische Zentralstelle für Flüchtlingshilfe (ZS). Die bisherige Forschung hat sich intensiv mit dem zivilen Widerstand gegenüber der staatlichen Asylpolitik beschäftigt und die jeweiligen Positionen der Bundesbehörden und der FPA erläutert. Die konfliktgeladene Beziehung zwischen staatlich anerkannten Hilfswerken und FPA wird in der bisherigen Forschung, wenn überhaupt, aber nur am Rande behandelt. Völlig unbeachtet blieb deshalb, dass das Auftreten der FPA auch für die ZS eine Herausforderung darstellte. Mit neuen Ansätzen für die Flüchtlingshilfe stellte die FPA das bis anhin von der ZS beanspruchte Monopol in Frage. Der Verlauf der Geschehnisse zeigt jedoch, dass sich die FPA als Alternative nicht durchzusetzen vermochte. Stattdessen fand zu Beginn des Jahres 1976 mit der Übernahme der FPA-Flüchtlinge durch die ZS eine partielle Integration der FPA ins System der etablierten Schweizer Flüchtlingshilfe statt. Im Fokus dieser Masterarbeit steht deshalb folgende Frage: Aus welchen Gründen setzte sich die Schweizerische Zentralstelle für Flüchtlingshilfe in der Auseinandersetzung um die Betreuung der Flüchtling aus Chile gegenüber der Freiplatzaktion durch? Hierzu wird die These vertreten, dass sich die ZS nicht aufgrund ihrer sachlichen Kompetenz, sondern aufgrund bestimmter Machtkonstellationen in der Schweizer Flüchtlingshilfe gegenüber der FPA durchsetzte. Daraus ergeben sich weitere Fragen: Wer wurde aufgrund welcher Aspekte als kompetenter Akteur in der Flüchtlingshilfe betrachtet? Unter welchen Bedingungen durfte die FPA an der Betreuung der Flüchtlinge teilhaben? Wie stark war die private Flüchtlingshilfe institutionell und finanziell vom Staat abhängig? Diese Fragen werden mit dem Fokus auf Quellen aus dem Bestand der ZS untersucht. Als Dachorganisation der Schweizerischen und Liechtensteinischen Flüchtlingshilfswerke oblag ihr die Koordination der Flüchtlingshilfe. Unter ihrem Dach kamen Vertreter der Hilfswerke, der Bundesbehörden und der Freiplatzaktion zusammen. Anhand von Sitzungsprotokollen wird die ZS sowohl als Akteur als auch als ein Ort untersucht, an dem die Grundlagen der Flüchtlingshilfe ausgehandelt wurden. Die geplante Arbeit leistet damit einen Beitrag zur Geschichte der Schweizer Flüchtlingshilfe, indem sie Fragen nach Konflikt und Kooperation aufwirft und analysiert.