Von 1943-1973 war Hans Oscar Pfister Stadtarzt von Zürich. Neben seinen regulären amtsärztlichen Tätigkeiten nutzte er seine Position als Chefstadtarzt um als Vertreter der psychohygienischen Bewegung die Bevölkerung in Fragen der geistigen Gesundheit aufzuklären. In vielen Vorträgen, Artikeln und Publikationen verbreitete er seine psychohygienischen Überzeugungen auf populärwissenschaftliche Weise und informierte die Bevölkerung über mögliche Ursachen von Geisteskrankheiten sowie über deren Verhinderung.
Im Stadtarchiv Zürich sind heute über 250 von Pfister im Verlauf seiner Amtszeit verfassten Dossiers archiviert. Die stattliche Anzahl an Texten zeugt von einer grossen Schaffenskraft und einem offensichtlich vorhandenen Bestreben, medizinisches Wissen in die Bevölkerung zu vermitteln. Die Analyse dieses Textkorpus, insbesondere der psychohygienisch motivierten Schriften und Vorträge soll den Hauptteil meiner Lizenziatsarbeit ausmachen.
In erster Linie möchte ich nach dem Wissen und dem Konzept der psychohygienischen Lehre am Beispiel von Pfisters Texten fragen. Worüber spricht er? Wie argumentiert er? Was sind seine Voraussetzungen? Mit welchem Wissen operiert er? Welches Wissen stellt er als Psychohygieniker zur Verfügung? Dies einige der Leitfragen für meine Auseinandersetzung mit seinen Texten. Punktuell werde ich in meiner Arbeit auch die Schriften anderer, in der Schweiz aktiven Psychohygienikern/-innen beiziehen.
Weiter interessiert mich die Implementierung von psychoanalytischem Wissen in Pfisters Psychohygienekonzept. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts am Burghölzli bei Eugen Bleuler und H. W. Maier ausgebildet, war Pfister offen für psychoanalytische Ansätze. Daher war auch sein Krankheits- und Therapieverständnis massgeblich von der Psychoanalyse beeinflusst. Wo in Pfisters Texten also psychoanalytisches Wissen oder psychoanalytische Argumentationsstrategien evident werden, ist ebenfalls Gegenstand meiner Untersuchung.