Die Konferenz von Jalta – „Ausverkauf“ der polnischen Exilregierung?

Cognome dell'autore
Marianne
Gyger
Tipo di ricerca
Tesi di laurea
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
Prof.
Marina
Cattaruzza
Istituzione
Historisches Institut
Luogo
Bern
Anno
2003/2004
Abstract

„Yalta was a sell-out as far as Poland’s freedom was concerned.“ Die Worte des ehemaligen polnischen Premierministers Edward Raczynski widerspiegeln die Enttäuschung vieler Polen über die Entscheidungen, die auf der Konferenz von Jalta 1945 getroffen wurden. Unter Zeitdruck trafen dort die Alliierten Beschlüsse, welche die UdSSR ohne grosses Aufheben zu ihrem Vorteil ändern konnte. Zwar hatten sowohl der britische Premierminister Winston Churchill als auch der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt beste Vorsätze für das künftige Schicksal Polens, dennoch war das Ergebnis Wegbereiter für das – von den Westmächten ungewollte – kommunistische Polen der Nachkriegszeit.

 

Wie es zu diesem Resultat kam, wird in der Lizentiatsarbeit aufgezeigt: Die Studie geht der Frage nach, welchen Stellenwert der polnischen Regierung im Exil unter Premierminister Stanislaw Mikolajczyk im Spannungsfeld zwischen den Interessen der Sowjetunion, ihrem Hauptverbündeten Grossbritannien und ihrer eigenen Untergrundorganisationen im Land seit Abbruch der polnisch-sowjetischen Beziehungen im April 1943 bis zur Konferenz in Jalta im Februar 1945 zukam.

 

Die Exilregierung Polens konstituierte sich direkt nach dem Zusammenbruch ihres Landes 1939 in Paris und siedelte 1940 nach London über. Die Westmächte erkannten sie sogleich an, die UdSSR 1941. Sie schaffte es, im Land einen eigentlichen Untergrundstaat aufzubauen, welcher sowohl zivile als auch militärische Strukturen umfasste. Kommunistische Organisationen waren bis zu diesem Zeitpunkt in Polen kaum existent.

 

Die UdSSR meldete anfangs 1943 Forderungen nach der Verschiebung der polnischen Grenze in den Westen erstmals offiziell an und brach im April 1943 ihre diplomatischen Beziehungen zu der Exilregierung ab. Grenzregelungen sollten zwar gemäss den Prinzipien der Atlantikcharta von 1941 erst auf der Friedenskonferenz geregelt werden, die polnische Frage wog mit Fortschreiten des Krieges jedoch immer schwerer, so dass Churchill bereits auf der Konferenz von Teheran im November 1943 von diesem Kurs abwich und versuchte, die alliierte Koalition durch Saturierung der sowjetischen Wünsche nach der Verschiebung der polnischen Ostgrenze zu erhalten. Damit koppelte er die Frage über die zukünftige Regierung Polens eng an die Grenzfrage. Als Ausgleich für den Verlust im Osten sollte Polen Territorium auf Kosten Deutschlands erhalten. Dementsprechend übte der britische Premierminister ab Ende 1943 Druck auf Mikolajczyk aus, die territorialen Veränderungen zu akzeptieren und als Basis für die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zu der Sowjetunion zu benutzen.

 

Stalin wurde indessen in seinen Bestrebungen, eine Neuordnung Osteuropas zu erreichen, auch vom londontreuen Untergrund nicht unterstützt, welcher militärische Tatsachen ausser Acht liess und nicht bereit war, der Sowjetunion Konzessionen zuzugestehen. Die militärischen Oberbefehlshaber, welche zum grössten Teil dem Vorkriegsregime angehörten, waren Verfechter einer territorialen und politischen Integrität des polnischen Staates und der Sowjetunion gegenüber feindlich eingestellt. Ausser Mikolajczyks Bauernpartei wollte keine Partei eine Verschiebung der Ostgrenze akzeptieren. Um ihre Basis im polnischen Untergrund nicht aufs Spiel zu setzen, konnte die Regierung dem britischen Druck auf eine Lösung dieser Frage nicht nachgeben und liess sich von der Prämisse der territorialen Unveränderlichkeit leiten.

 

Die Furcht vor sowjetischer Besatzung wog in Polen mindestens ebenso sehr wie die Okkupation durch die Nationalsozialisten. Mit der Errichtung einer provisorischen kommunistischen Regierung im Juli 1944, wirtschaftsund agrarpolitischen Massnahmen sowie den sowjetischen Bestimmungen über die polnische Staatsbürgerschaft bewahrheiteten sich teilweise die Befürchtungen von einem kommunistischen Polen. Mikolajczyk zeigte sich zwar ab Frühjahr 1944 bereit, den sowjetischen Forderungen zum Teil nachzugeben. Diese Bereitschaft wurde aber nicht von seiner Regierung getragen, im November 1944 trat er deshalb zurück.

Die Resultate zeigen, dass das Ergebnis der Jaltakonferenz erstens Abbild der militärischen Situation war, welche die Sowjetunion klar bevorteilte. Zweitens waren die Vereinbarungen von Jalta eine Anerkennung der inoffiziellen Abkommen der Konferenz von Teheran. Für Churchill stellten sie drittens das bestmögliche Ergebnis dar; er wollte glauben, dass Stalin tatsächlich ein starkes, unabhängiges und freies Polen wünschte. Viertens spielte die Exilregierung Stalin die letzten Trümpfe selbst in die Hand indem sie, aus Rücksicht auf ihren Untergrund, keine Konzessionen einging und weder in der Frage der Regierungsumbildung noch den Forderungen nach Grenzrevisionen der Sowjetunion entgegenkam und – mit Hinweis auf ihren legitimen Charakter und ihre Unterstützung im Land – an den Prinzipien der Atlantikcharta festzuhalten versuchte.

 

Die Arbeit wird in der Reihe „Berner Forschungen zur Neuesten Allgemeinen und Schweizer Geschichte“ vom Verlag Traugott Bautz publiziert (www.bautz.de).

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