Das Sumpfland seinem „ungünstigen Zustand“ entrissen. Die Entstehungsgeschichten der rechtsseitigen (1919-1925) und der linksseitigen Melioration (1942-1945) in der Urner Reussebene sowie deren Auswirkungen

Cognome dell'autore
Elias
Bricker
Tipo di ricerca
Tesi di master
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
Prof.
Christian
Rohr
Istituzione
Historisches Institut
Luogo
Bern
Anno
2018/2019
Abstract
Die Reussebene zwischen Erstfeld und dem Urnersee bildet heute den wichtigsten Wohn- und Wirtschaftsraum des Kantons Uri, da sie das einzig grössere Flachgebiet innerhalb der Kantonsgrenzen ist. Dabei war sie einst ein Sumpf- und Riedgebiet, das wie viele andere Feuchtgebiete in der Schweiz in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts trockengelegt wurde. Die Masterarbeit rollt die Entstehungsgeschichten der beiden Meliorationsprojekte im Urner Reusstal auf. Denn bis anhin gab es kaum Literatur oder Forschungsarbeiten dazu, weshalb sich die Masterarbeit vorwiegend auf Quellenbestände der Meliorationsgenossenschaften und des Kantons, die im Staatsarchiv Uri in Altdorf eingelagert sind, stützt. Um die durch die Projekte hervorgerufenen Veränderungen erfassen zu können, zeigt die Arbeit auch, wie die Nutzungsstruktur der Ebene vor den Meliorierungen ausgesehen hatte. Die Reussebene wurde trotz ihrer ungünstigen Bodenbeschaffenheit bereits seit Jahrhunder-ten landwirtschaftlich bewirtschaftet. Eine Rolle spielten dabei insbesondere Allmenden als Weidegebiete, private Bauerngüter, Riedgebiete zur Streugewinnung und Allmendgärten. Seit dem 16. Jahrhundert sind überdies Bestrebungen zur Bodenverbesserungen belegt: So erstellten die Bewirtschafter etwa künstliche Entwässerungsgräben. Ideen zur Korrektion von sich durch die Ebene mäandrierenden Bachläufen, die ab den 1890er-Jahren von der Urnern Politik diskutiert worden waren, wurden aber aufgrund fehlender Gelder nie umgesetzt. Uri tat sich im Gegensatz zu anderen Kantonen, die teilweise seit den 1850er-Jahren Melioratio-nen förderten, im Bereich der Bodenverbesserungen lange nicht hervor. Erst 1904 stellte die Korporation Uri einen Kulturingenieur an, dessen Posten 1911 in die Kantonsverwaltung überführt wurde. Dieser kümmerte sich jedoch mehr um Strukturverbesserungen im Alpge-biet. Erst im Ersten Weltkrieg eröffnete sich die lang ersehnte Möglichkeit, die Ebene in Fliessrich-tung rechtsseitig der Reuss zu entwässern und die kleineren Gewässer zu korrigieren. Im Rahmen eines Mehranbaus sprach der Bund Gelder für Meliorationen. Die Idee der rechts-seitigen Melioration stiess im Kanton Uri kaum auf Widerstand. Überdies glaubten die Urner, dass die Bauarbeiten Arbeitsplätze schaffen würden. Der rund 22‘000 Einwohner zählende Kanton wurde im gleichen Jahr ohnehin mit einer grossen Arbeitslosigkeit konfrontiert. Die Munitionsfabrik Altdorf entliess nach dem Krieg rund 1600 der 2000 Angestellten. Um die Fabrikarbeiter möglichst schnell wieder zu beschäftigen und um noch von den kriegsbeding-ten Unterstützungsbeiträgen zu profitieren, nahmen die Projektverantwortlichen die Bauar-beiten 1919 völlig überstürzt und ohne Detailpläne in Angriff. Dies rächte sich bald: Das Pro-jekt verteuerte sich massiv, was zu politischen Diskussionen rund um allfällige Redimensio-nierungen des Vorhabens führte und 1921 mehrere Nachtragskredite nötig machte. Überdies wurden die Liegenschaftsbesitzer in der Reussebene, die sich kaum gegen ihre Mitwir-kungspflicht wehren konnten, stark zur Kasse gebeten. Zudem opponierten viele von ihnen gegen die im Zusammenhang mit der Melioration erbauten Strassen, da sie dafür Land ab-treten mussten. Konflikte gab es weiter um das Wasser. Infolge der Trockenlegung verloren die Bauern und Bewohner der Ebene Tränke- und Wasserbezugsstellen. Die Meliorations-genossenschaft musste daher Wasserleitungen und Sodbrunnen bauen. Weiter hatte das Projekt zur Folge, dass die Korporation die Allmenden in der Reussebene in Pachtparzellen unterteilte. Dies sollte nicht nur eine bessere Bewirtschaftung ermöglichen, sondern die fi-nanzielle Situation der Korporation Uri, die für die Melioration viel Geld investiert hatte, ver-bessern. Im Zweiten Weltkrieg lancierte der Bundesrat im Rahmen der „Anbauschlacht“ ein ausseror-dentliches Meliorationsprogramm, das den Kantonen vorschrieb, zur Sicherung der Lebens-mittelversorgung bestimmte Flächen zu roden und zu meliorieren. Der Kanton Uri musste vier Erlenwälder in Ackerland umwandeln und liess ab 1942 auf Anregung des Bundes die Ebene von Seedorf, linksseitig der Reuss, trockenlegen. Die Anbaugenossenschaft Wilhelm Tell konnte ab 1943 einen Teil der Ebene bepflanzen. Diese war 1942 als Folge des Nebel-viehs-Skandal entstanden und hatte den Auftrag, die durch Armeeübungen 1940 mit künstli-chem Nebel verseuchte Böden in Uri umzubrechen, damit die Giftstoffe entweichen konnten. Die im Boden verlegten Drainagen auf beiden Seiten der Reuss dienten teilweise bis Mitte der 1990er-Jahre nicht nur der Entwässerung des Landwirtschaftslandes, sondern auch als Kanalisationsleitungen, die das Abwasser direkt in die Meliorationskanäle leiteten. Die ver-besserten Flächen wurden aber nach den beiden Kriegen kaum je als Äcker genutzt, wie dies ursprünglich vorgesehen war, sondern dienen bis heute vor allem der Milchviehwirt-schaft. Nun könnte jedoch die Meliorationsinfrastruktur in der Reussebene wieder zum Politi-kum werden, da bald kostspielige Sanierungen der unterirdischen Drainagen anstehen dürf-ten.

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