Der Aufstieg Karls des Grossen zum Kaiser ist unter diversen Gesichtspunkten als höchst spannendes Ereignis der Geschichte zu betrachten. Sie bedeutete etwa einen Affront gegen die Kaiser in Byzanz, welche sich ebenfalls in direkter Nachfolge des römischen Kaisertums sahen. Gleichzeitig wird auch im Rekurs der mittelalterlichen Kaiser Westeuropas auf ihre römischen Vorgänger die Vorstellung deutlich, in einer Art „Fortbestehen“ des römischen Imperiums zu leben. Wenn sich aber Karl der Grosse als „Begründer des mittelalterlichen Kaisertums“ in der Tradition der antiken Kaiser verstand, stellt der Bezug eines christlichen auf – grösstenteils – pagane Herrscher ein historisches Problem dar.
In der Arbeit wird der Frage nach dem Kaiserbild Karls des Grossen und demjenigen der antiken Kaiser nachgegangen. Dabei gilt es zu klären, welche Elemente des Idealbilds eines Kaisers des antiken römischen Imperiums, wie es uns in den Panegyriken vermittelt wird, sich im Kaiserbild Karls des Grossen wiederfinden. So können Kontinuitäten und Brüche in der Tradition der Kaiserbilder festgestellt werden. Aufgrund dieser Fragestellung ergibt sich die Methodik eines Vergleichs. Dabei fokussiert sich die Arbeit auf drei panegyrische Textquellen: das Karlsepos, der Panegyrikus des Plinius auf Trajan sowie der Panegyrikus des Pacatus auf Theodosius. Mit Trajan und Theodosius sind prominente Vertreter der antiken bzw. spätantiken Kaiser gewählt, deren kaiserliche Idealbilder demjenigen Karls des Grossen gegenübergestellt werden können.
Nach einführenden Kapiteln, in denen die Kaiser sowie die Quellen und Autoren näher vorgestellt werden, erfolgt der Vergleich der Lobreden im Hauptteil der Arbeit. Dabei werden zwölf Kategorien präsentiert, die sich aus der Analyse der Quellentexte ergaben. Diese Kategorien umfassen verschiedene Aspekte, unter denen die Kaiser als ideale Herrscher dargestellt werden. Darunter finden sich etwa Ausführungen zur Religion der Kaiser, zu ihrer herausragenden Stellung oder ihrem Verhalten gegenüber Feinden. Im Schlussteil der Arbeit werden die gewonnenen Ergebnisse zusammengefasst, analysiert und ein Fazit gezogen.
Es zeigt sich, dass trotz der Tradition, in die sich Karl der Grosse als Kaiser stellt, Transformationen im kaiserlichen Idealbild festgestellt werden können. So ist etwa aufgrund des höheren Stellenwerts des Christentums im Frühmittelalter eine Veränderung des Herrscherbildes zugunsten christlicher Werte zu erkennen.
Des Weiteren verdeutlicht sich im Karlsepos eine Darstellung Karls des Grossen, die teilweise auf antiken Traditionen gründet und somit auch Gemeinsamkeiten mit den Darstellungen Trajans und Theodosius' aufweist. Jedoch ist Vorsicht geboten, diese Elemente als direkte Übernahme im Kaiserbild zu bezeichnen. Die sich im Vergleich herauskristallisierten Elemente, die sowohl im Kaiserbild Karls des Grossen, als auch in demjenigen seiner antiken Vorgänger zu finden sind, unterliegen teilweise den Veränderungen der jeweiligen historischen Situation. Von strikten „Brüchen“ zu sprechen ist abwegig, vielmehr gestalten sich die Unterschiede als Transformationen. Somit lässt sich sagen, dass Kontinuitäten in der Tradition der Kaiserbilder zwar vorliegen, das spezifisch historische Umfeld der Kaiser dabei aber berücksichtigt werden muss.
Das Idealbild des Kaisers in der panegyrischen Literatur. Karl der Grosse im Vergleich zu seinen antiken Vorgängern Trajan und Theodosius
Tipo di ricerca
Tesi di master
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
Prof.
Thomas
Späth
Istituzione
Historisches Institut
Luogo
Bern
Anno
2012/2013
Abstract