Das Berner Rathaus als sozialer Raum am Ende des Ancien Régimes

Cognome dell'autore
Stefanie
Bietenhard
Tipo di ricerca
Tesi di master
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
Prof.
Joachim
Eibach
Istituzione
Historisches Institut
Luogo
Bern
Anno
2013/2014
Abstract
Das Berner Rathaus als sozialer Raum steht im Mittelpunkt dieser Arbeit. In diesem Raum bewegten sich Menschen, die in Beziehung zu anderen Menschen standen und mit ihnen kommunizierten. Es soll hier deshalb der Versuch unternommen werden, die im Rathaus stattfindenden Beziehungen und Kommunikation mithilfe der Raum- und der Kommunikationstheorie näher zu beschreiben. Da das Rathaus in Bern im Ancien Régime als das Machtzentrum der Stadt zu bezeichnen ist, sich somit die Machtträger der Stadt darin befanden, liegt es nahe, den Fokus auf die sozialen Beziehungen dieser städtischen Elite zu legen. Damit lässt sich gleich auch die Fragestellung formulieren: Wie funktionierte städtische Herrschaft unter den Bedingungen der Raum- und der Kommunikationstheorie am Ende des Ancien Régime? Diese Arbeit beginnt mit einem Beschrieb der beiden genannten Theorien, anschliessend folgt eine Übersicht zur Geschichte des Rathauses und seiner Funktionalität unter Zuhilfenahme von Luhmanns Systemtheorie. Die daraufhin folgende Anwendung der beiden Theorien auf den Raum des Berner Rathauses stützt sich auf einen breiten Quellenkorpus, unter anderem auf das Curialia und Agenda Buch. Aus den drei Untersuchungsfeldern – der Kommunikation, des sozialen Raumes sowie der Funktionalität des Rathauses – lassen sich folgende Schlüsse ziehen: Die Raumdisposition des Berner Rathauses sowie das Verhältnis der Gesellschaft zur Politik geben über den Ausdifferenzierungsgrad des politischen Systems Aufschluss: Zwar ist die Verwaltung am Ende des Ancien Régime in Nebenbauten ausgelagert worden, trotzdem befindet sie sich immer noch in einer räumlichen Abhängigkeit vom politischen Machtzentrum im Rathauskerngebäude. In Bern herrschten einige Wenige, welche ihre politische Position ihrem sozialen und ökonomischen Kapital verdankten und damit wechselseitig auch ihren Rang in der sozialen Hierarchie stützten. Beide Hinweise lassen erkennen, dass das Funktionssystem der Politik in Bern am Ende des Ancien Régime noch stratifikatorisch differenziert werden muss, jedoch bereits einige Ansätze der funktionalen Differenzierung aufweist. Soziale Räume sind immer an Orte gebunden; am Ende des 18. Jahrhunderts befinden sich nur noch die drei untersuchten Räume des Grossen, des Kleinen Rates und des Gerichts am Ort des Rathauses. Die sozialen Räume stimmen meistens mit ihren physischen Räumen mit gleicher Bezeichnung überein. Dies galt sowohl für die abgeschlossenen sozialen Räume an Ostern, in denen gewählt und über Ämter bestimmt wurde, als auch für den ebenfalls abgeschlossenen sozialen Raum des Grossen Rates im Alltag, in dem über die täglich anfallenden Geschäfte entschieden wurde. Machtverhältnisse in einem sozialen Raum schlugen sich nieder in der Sitzordnung, in der Kleidung, im Recht zu sitzen, im Recht zu sprechen und im Recht, zuerst sprechen zu dürfen. Noch wichtiger als im geschlossenen war es im offenen Raum der Darstellung von Entscheidungen, die Machtverhältnisse und Herrschaft kenntlich zu machen. Entscheidungen, die das tägliche Geschäft betrafen, wurden im Arkanum des Regiments mittels folgender Verfahrensmöglichkeiten hergestellt: Der Anfrage, der Umfrage und dem Mehren. Opiniert und abgestimmt wurde immer nach der gleichen Reihenfolge, welche auf der sozialen Hierarchie basiert: Zuerst die Mitglieder des Kleinen Rates, dann die des Grossen Rates. Die Osterwoche in Bern kann als Kommunikationszusammenhang verstanden werden, der aus verschiedenen Wahlverfahren, Ritualen und Zeremonien bestand. Die gemeinsamen Merkmale aller Wahlund Bestätigungsverfahren zu den politischen Ämtern waren der Vorschlag und das offene Abstimmen darüber. Bei manchen Verfahren, wie zum Beispiel der Sechzehnerwahl, der Heimlicherbesatzung oder der Verteilung der lukrativen Landvogteien (ab 1710) kam zusätzlich das Element des Loses hinzu. Die Rituale während der Osterwoche hatten mehrere Funktionen: Das Verlesen der Ordnungen brachte Struktur und kommunikative Sicherheit in die Verfahren, die Eide, vor der Wahl gesprochen, banden zusätzlich die Teilnehmer an das Verfahren, und die Eide nach der Wahl legitimierten einerseits das Verfahren, andererseits hatten sie eine performative Wirkung, welche eine Darstellung der sozialen Ordnung ermöglichte. Die rituellen Elemente der Kleidung und der Sitzordnung hatten die Funktion, die soziale Hierarchie innerhalb eines Entscheidungsverfahrens, aber auch bei der Darstellung desselben zu verdeutlichen. Auch die Predigt war ein wichtiges Element bei der Darstellung von Entscheidungen: Im gemeinsamen religiösen Akt mit den Bürgern konnten einerseits die Machtverhältnisse in der Stadt verdeutlicht, andererseits ein Konsens hergestellt werden, der die soziale Ordnung legitimierte. Natürlich erhielten die nachfolgenden Verfahren durch die Predigt auch eine göttliche Legitimierung.

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