Berner Rundschau – Die Alpen. Eine kulturelle Zeitschrift im Fin de siècle 1906–1913

Cognome dell'autore
Ronny
Trachsel
Tipo di ricerca
Tesi di laurea
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
Prof.
Brigitte
Studer
Istituzione
Historisches Institut
Luogo
Bern
Anno
2000/2001
Abstract

Die Berner Rundschau – Die Alpen erschien als kulturelle Zeitschrift zwischen 1906 und 1913 in Bern. 1906 wurde sie unter dem Namen Berner Rundschau lanciert und änderte 1910 ihren Titel in Die Alpen. Herausgegeben wurde sie von Franz Otto Schmid (1879ñ 1926), dem Archivar des Familienarchivs von Hallwyl und Restaurator des Wasserschlosses Hallwyl. 1913 erfolgte die Fusion der Alpen mit der Zürcher Zeitschrift Wissen und Leben von Ernst Bovet (1870-1941).

 

Primäres Ziel dieses Mediums war einerseits die Suche und die Darstellung einer schweizerischen Kultur als Abgrenzungsmerkmal gegenüber den Nachbarstaaten und deren Kulturkreisen, andererseits als identitätsstiftendes und einendes Element für die Konstruktion eines helvetischen Nationalismus. Die publizierten Beiträge behandelten überwiegend literarische und kulturelle Themen, verfügten aber meist auch über einen politischen und gesellschaftlichen Hintergrund. Gemeinsam war ihnen das betont «Schweizerische», sei es in Bezug auf den Inhalt oder die Autorenschaft. Der Begriff «Kultur» – von Jacob Burckhardt (1818-1897) massgeblich geprägt – stellte eine wichtige Komponente im intellektuellen Leben des Fin de siècle dar, dem sich auch die Berner Rundschau – Die Alpen nicht entziehen konnte. Die Zeitschrift propagierte eine Kultur mit spezifisch schweizerischem Gepräge und huldigte einer nationalen Ästhetik, indem sie Themen und Motive nationalisierte. Autoren und Zeitschrift standen den Anliegen sowohl des Heimatschutzes als auch des Neohelvetismus, als schweizerische Spielart des Nationalismus, nahe.

 

Die Studie versucht die Berner Rundschau – Die Alpen in zweifacher Richtung zu analysieren: In einem ersten Teil werden die Entstehung und Entwicklung der Zeitschrift, die sozioprofessionelle Zusammensetzung der Autorenschaft sowie das Programm dargestellt. Der zweite Teil widmet sich dem Inhalt und den massgeblichen Leitthemen der Kulturzeitschrift. Dabei wird das ästhetisch-kulturelle Programm mit der Konstruktion einer nationalen Identität zwischen Abwehr gegen aussen und Identitätsstiftung nach innen untersucht.

 

Kulturzeitschriften stellen ideale Quellen dar, um den Niederschlag des zeitgenössischen Unbehagens am kulturellen Umfeld und der dabei geäusserten Kulturkritik festzustellen. Der Kulturpessimismus vor dem Ersten Weltkrieg war ein gesamteuropäisches Phänomen, in das sich auch die Berner Rundschau – Die Alpen integrierte; ein «Sonderfall Schweiz» lässt sich anhand des Studienobjekts nicht darstellen.

 

Die Strategie der Berner Rundschau – Die Alpen zur nationalen Identitätssuche und -stiftung verlief zweigleisig: Einerseits wurden – negativ – mittels Ab- und Ausgrenzung sowie der Äusserung einer Kulturkritik (Kulturpessimismus, Antimaterialismus und Antimodernismus) die Missstände definiert und eliminiert; andererseits wurden – positiv – mittels Konstruktion und Darstellung von Idealen besonders im künstlerisch-kulturellen Bereich neue, nationale und teilweise mythische Perspektiven aufgezeigt.

 

Die negative Identitätsstiftung war durch eine starke Abwehrhaltung geprägt. Diese manifestierte sich über teilweise xenophobe Themen wie den Sprachenkampf, die Fremdenfrage sowie rassistische und antisemitische Äusserungen. Mit der Ausgrenzungsstrategie eines umfassenden Heimatschutzes i.w.S. sollte das Fremde – in Form von Ausländern, Touristen, fremdsprachigen Idiomen oder künstlerischen Einflüssen – zurückgedrängt werden und einem Selbstbild des Eigenen Platz machen. Dabei war das neohelvetistische Kulturverständnis mit seinen Landschaftsdarstellungen, Alpenverehrungen und historischen Mythen ein wirkungsvolles, ästhetisches Programm zur positiven Identitätsstiftung. Mit der Förderung und Nationalisierung von Werten, Themen und Motiven (entsprechende Stichworte: Heimatschutz, Tradition, Ferdinand Hodler, Mythisierung der Schweizer Geschichte, Vergeistigung der alpinen Topographie) sollte eine kulturell hochstehende Zivilisationsstufe erreicht werden, welche der Nation Schweiz das Überleben im sozialdarwinistischen «Kampf der Nationen» garantieren konnte. Ein missionarisches Mittel der Zeitschrift zum Erreichen dieses Ziels war die Erneuerung und Vermittlung von Kultur und «gutem Geschmack» sowie die Anerziehung von Ästhetik für eine mehrheitlich bürgerliche Leserschaft.

 

Die Berner Rundschau – Die Alpen kann insgesamt als pluralistische und avantgardistische Zeitschrift mit kulturellem Anspruch und einer starken Ausprägung zur nationalen und patriotischen Identitätsstiftung bezeichnet werden.

Accesso al lavoro

Biblioteca

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