Atomwaffen, nein danke? Der mediale Diskurs der Deutschschweiz über das Atomwaffenprogramm der Schweiz, 1958-1969

Cognome dell'autore
Nadine
Schenker
Tipo di ricerca
Tesi di master
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
Prof.
Silvia
Berger Ziauddin
Istituzione
Historisches Institut
Luogo
Bern
Anno
2020/2021
Abstract
Kurz nach den Atombombenabwürfen auf Nagasaki und Hiroshima kam auch in der Schweiz die Idee eines eigenen Atomwaffenprogramms auf. Eine erste Kommission, die sich abgeschottet von der Öffentlichkeit mit dieser Thematik befasste, wurde bereits 1945 gegründet. Im Kontext des Kalten Kriegs, auf den die offizielle Schweiz mit der „Totalen Landesverteidigung“ im militärischen, zivilen und wirtschaftlichen Bereich reagierte, äusserten sich einige ranghohe Militärs für eine Bewaffnung des Landes mit nuklearen Waffen. Als Gegenpol dazu und nach dem Vorbild anderer Länder Europas formierte sich in der Schweiz 1958 die Schweizerische Bewegung gegen atomare Aufrüstung (SBgaA). Die Bewegung machte in den folgenden Jahren durch verschiedene Aktionen wie die Atominitiative I oder mehrere Ostermärsche auf sich aufmerksam. Unter anderem wegen den lauter werdenden Forderungen nach Atomwaffen und den daraus entstandenen Gerüchten sah sich der Bundesrat 1958 gezwungen, sich öffentlich zur Thematik zu äussern, was er am 11. Juli 1958 tat. Diese erste öffentliche Verlautbarung sprach sich eher für nukleare Waffen aus. Allerdings besass der Bundesrat keinedefinitivenPlänefürdenKaufoderBauvon Atomwaffen. Mit der Verlautbarung wollte er sich lediglich die nukleare Option offenhalten. Diese erste Äusserung des Bundesrates löste diverse Reaktionen im In- und Ausland aus und stellt für die Masterarbeit den Anfang des öffentlichen Atomwaffenprogramms der Schweiz dar. Rund elf Jahre später, im November 1969, unterzeichnete die Schweizer Regierung den Nonproliferationsvertrag. Dieser verbot Staaten, die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung keine Atomwaffen besassen, in Zukunft neue Waffen anzuschaffen. Obwohl der Vertrag erst elf Jahre später vom Parlament ratifiziert wurde, kann der Unterzeichnungszeitpunkt als offizielles Ende des Schweizer Atomwaffenprogramms betrachtet werden, ohne dass die Schweiz jemals im Besitz von Atomwaffen war. Die Unterzeichnung des Nonproliferationsvertrages stellt denn auch das Ende des untersuchten Zeitrahmens der Masterarbeit dar. In der Masterarbeit wird die Berichterstattung der Deutschschweiz über das Atomwaffenprogramm untersucht. Um die Analyse besser zu gliedern, wurden insgesamt sechs Ereignisse in den elf Jahren des gewählten Zeitraums ausgewählt. Neben der ersten öffentlichen Verlautbarung des Bundesrates und der Unterzeichnung des Nonproliferationsvertrages wurden vier weitere Ereignisse in der Arbeit behandelt. Die SBgaA lancierte 1958 die Atominitiative I, die die Produktion, den Kauf und die Lagerung atomarer Waffen für die Schweiz verbieten wollte. 1962 wurde darüber abgestimmt und die Initiative abgelehnt. Diese Initiative sowie die ein Jahr später von der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz eingereichte und vom Stimmvolk ebenfalls abgelehnte Atominitiative II, die zur Überwindung einer drohenden Spaltung der Partei lanciert worden war und ein obligatorisches ReferendumbeiderBeschaffungnuklearerWaffen forderte, stellen zwei weitere Ereignisse dar, die in der Arbeit analysiert werden. Schliesslich findet auch die Berichterstattung zu den von der SBgaA 1965 und 1966 lancierten Ostermärsche Eingang in die Analyse. Die Masterarbeit hat sich zum Ziel gesetzt, die Diversität des medialen Diskurses über das Atomwaffenprogramm in den Deutschschweizer Zeitungen zu untersuchen. Es wurde den Fragen nachgegangen, welche Argumente von welchen Akteur*innen verwendet wurden, ob Bilder transportiert und wie diese eingesetzt wurden und wie die Zeitungen über die Aktionen der Gegenbewegung berichteten. Wichtig zu erwähnen ist, dass die Zeitungen im untersuchten Zeitraum meist stark politisch orientiert waren und oft einer Partei angehörten, was sich in ihrer Berichterstattung wiederspiegelte. Das Sozialarchiv in Zürich sammelte diverse Zeitungsartikel zum Atomwaffenprogramm. Aus diesem Quellenkorpus wurden verschiedenste Artikel im Hinblick auf die gestellten Fragen ausgewählt. Da in den gesammelten Zeitungsartikeln zur Atomwaffenthematik Artikel aus der Französisch, Italienisch und Rätoromanisch sprechenden Schweiz untervertreten waren, wurde der Fokus auf Deutschschweizer Zeitungen gelegt. Die Artikel wurden anschliessend qualitativ untersucht, was die Menge an Artikeln einschränkte. Methodisch orientiert sich die Arbeit an der Diskursanalyse nach Michel Foucault, die methodisch und begrifflich durch Reflexionen von Philipp Sarasin und Achim Landwehr spezifiziert wird. Die Arbeit konnte unterschiedlichste Argumente hervorheben, die in der Berichterstattung zu den untersuchten Ereignissen hinzugezogen wurden. Einige Argumente verwendeten die Autor*innen spezifisch für bestimmte Ereignisse. Verweise auf die humanitäre Tradition fanden sich beispielsweise hauptsächlich am Anfang des untersuchten Zeitraumes. Bei der Berichterstattung zur Atominitiative I stand bei den Gegner*innen der Atombewaffnung die Vorbildfunktion der Schweiz im Fokus. Befürworter*innen einer Schweizer Nuklearbewaffnung argumentierten im Kontext der Atominitiative II mit der Geheimhaltung des Atomwaffenprogramms. Bezogen auf den Nonproliferationsvertrag führten die Autor*innen vertragsspezifische Argumente ins Feld. Andere Argumente wie die Neutralität oder den Antikommunismus fanden bei praktisch jedem Ereignis Verwendung und wurden von unterschiedlichsten politischen Seiten eingesetzt.

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