„Wohin mit dem Übel aus dem Kübel?“ Die Geschichte der Abfallentsorgung in Sursee im Spiegel europäischer (Gross-)Städte

Cognome dell'autore
Fabienne
Bächler
Tipo di ricerca
Tesi di master
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
Prof.
Christian
Rohr
Istituzione
Historisches Institut
Luogo
Bern
Anno
2012/2013
Abstract
Das Thema der Abwasser- und Müllentsorgung hat seit einiger Zeit innerhalb der Umweltgeschichte gleichsam Hochkonjunktur, nachdem lange Zeit derartige Fragestellungen innerhalb der Geschichtswissenschaft nicht „salonfähig“ gewesen waren. Allerdings wird bis jetzt der Blick vor allem auf mittelalterliche oder neuzeitliche Grossstädte geworfen und weniger auf Klein- und Mittelstädte. Die Autorin wählt in ihrer Masterarbeit daher bewusst die Perspektive auf kleinstädtische Entwicklungen am Beispiel der Stadt Sursee (Kanton Luzern). Zeitlich grenzt sie ihre Arbeit zwischen dem Ende des 19. Jahrhunderts und den 1970er-Jahren ein und stellt sie somit in den Kontext der Auswirkungen der konsumorientierten Nachkriegsgesellschaft. Gefragt wird in erster Linie, wie und mit welchen Massnahmen die Gemeinde die grossen infrastrukturellen Aufgaben und Erneuerungen bewältigte, welchen Einfluss die Gemeinde in Bezug auf die Standortfindung für Abfalldeponien ausübte. Dabei wird auch die Handlungsfähigkeit gegenüber umliegenden Gemeinden angesprochen. Welche technischen Mittel und Methoden standen zur Verfügung und mit welchen Zielen wurden sie eingesetzt? Wer kam für die Kosten auf? Auf welche Weise wurden die getroffenen Massnahmen öffentlich gemacht und gesetzlich legitimiert? Die Autorin untersucht weiter, welche Interessen und Wahrnehmungen in den Quellen erkennbar sind und welche Probleme bekämpft werden mussten. Darüber hinaus bezieht die Untersuchung auch die Perspektive der Bevölkerung mit ein: Welche Möglichkeiten hatten die Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Sursee hinsichtlich der Mitsprache und Gestaltung? Inwiefern waren die Haushalte von den Neuerungen betroffen? Zudem versucht die Autorin zu eruieren, ob und wie sich der Handlungsspielraum und die Problemlösung der kommunalen Akteure im Kontext der entstandenen Konsumgesellschaft Ende der 1950er-Jahre veränderten und ob bzw. inwieweit ein Umweltbewusstsein vorhanden war oder nur aus ökonomischen und sozialen Motiven heraus gehandelt wurde. Im ersten Teil wird eine zusammenfassende Betrachtung der Entwicklung der Kehrichtentsorgung im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert geboten. Im zweiten Teil werden zunächst die Grundlagen der Stadtentwicklung dargestellt. Des weiteren werden die finanziellen, technischen und gesetzlichen Faktoren der Abfallentsorgung in Sursee erläutert sowie die Entsorgungstechnik und Deponieplätze beleuchtet. Abschliessend wird die Entwicklung der Landstadt Sursee im europäischen Kontext vergleichend analysiert. Den Stadtrat von Sursee leiteten bei seinen Aktivitäten hauptsächlich die Sicherstellung der Abfuhr des städtischen Hauskehrichts und dessen Ablagerung. Als Beseitigungsmethode des städtischen Kehrichts wurde über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg die Deponie verwendet. Der abtransportierte Güsel wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Landwirten auf ihren Feldern verwertet, die später von stillgelegten Kiesgruben im Gemeindegebiet abgelöst wurden. Eine intensive Phase für die Verantwortlichen waren dagegen die Jahre zwischen 1962 und 1978, als fast jährlich neue Übergangslösungen gefunden werden mussten und die Deponiestandorte häufig wechselten. Dies lag unter anderem darin begründet, dass die Deponien häufig an Standorten betrieben wurden, die dazu nicht geeignet waren, da es an Basisabdichtungen, Entwässerungs- und Entgasungsvorrichtungen fehlte. Erst als ab 1978 die Reste aus den Surseer Haushaltungen in der zentralen Deponie des Gemeindeverbandes für Kehrichtentsorgung entsorgt werden konnten, entschärfte sich die bis dahin unbefriedigende Situation. Eine Kehrichtverbrennung oder alternative Möglichkeiten der V erwertung (z.B. Kompostierung) wurden in Sursee zwar kurz diskutiert, aber nicht umgesetzt. Die Landstadt hatte sich stattdessen aufgrund wirtschaftlicher Faktoren für die Deponie in der Landschaft entschieden. Der augenscheinlichste Unterschied der Abfallentsorgung zwischen einer Kleinstadt und einer Grossstadt lag wohl in den technischen Anlagen und den finanziellen Möglichkeiten. Aufgrund der grösseren Bevölkerung war in Grossstädten die Infrastruktur besser, die Organisation hatte sich tendenziell schneller kommunalisiert. Der Trend zur Kommunalisierung der Entsorgung mit eigenem Fuhrpark brachte Unabhängigkeit und andere Vorteile mit sich. Die Autorin kommt zu dem – nicht überraschenden – Ergebnis, dass eine kategorische Trennung in Grossund Kleinstädte freilich nicht möglich sei. Vielmehr zeige sich, dass die Entwicklung von Stadt zu Stadt individuell untersucht werden müsse. Je nach Lage, Möglichkeiten, Umgebung und Finanzen der Stadt wurden die technischen Möglichkeiten früher und besser oder später und schlechter genutzt.

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