„ ... to maintain the Sikh religion ... and to produce intelligent and useful citizens and loyal subjects of the British Crown“. Das Khalsa College in Amritsar: Höhere Bildung, politische Kontrolle und sozialer Wandel im britisch-indischen Punjab 1890-1920

Cognome dell'autore
Michael
Brunner
Tipo di ricerca
Tesi di master
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
PD Dr.
Daniel
Segesser
Istituzione
Historisches Institut
Luogo
Bern
Anno
2013/2014
Abstract
1892 wurde in Amritsar in der britisch- indischen Provinz Punjab das sogenannte „Khalsa College“ gegründet, ein Liberal-Arts- College, das von Sikh-Organisationen getragen wurde und sich hauptsächlich an Sikh- Studierende richtete. In der bisherigen historischen Forschung fand das Khalsa College meist nur in Randbemerkungen Erwähnung und wurde beiläufig als Produkt einer kaum hinterfragten „Sikh-Renaissance“ angeführt. Auf eine vertiefte und differenzierte Betrachtung der Entwicklung des Colleges zwischen 1890 und 1920 wurde dabei verzichtet. Die vorliegende Studie hat nun versucht, diese Lücke ein Stück weit zu schliessen, indem sie das Dreiecksverhältnis zwischen College und Vertretern britischer Kolonialadministration sowie sikhistischen (Interessen-)Gruppen im Punjab während dieser Epoche untersucht. Dazu wurden hauptsächlich Quellen aus dem britisch- indischen Verwaltungsapparat, konsultiert in den India Office Records in der British Library in London, analysiert. Diverse zusätzliche Quellen sikhistischer Provenienz und die Berücksichtigung von theoretischen Überlegungen neuerer, postkolonialer Ansätze zur aussereuropäischen Geschichte sollten helfen, eine allzu stark britisch geprägte Perspektive zu überwinden. Dabei haben sich verschiedene Dinge gezeigt. So war das Sikh-College in Amritsar bereits seit seiner Planungsphase in einem Ausmass mit den Behörden verbunden, von dem vergleichbare private, indisch geführte tertiäre Bildungseinrichtungen in Indien weit entfernt waren. Bereits früh und erfolgreich suchten die indischen Initiatoren des College-Projektes die Nähe zur Administration. Finanziert wurde die Einrichtung hauptsächlich über Spenden aus den Sikh-Fürstenstaaten des Punjab. Dies sollte für das Khalsa College in den nächsten dreissig Jahren insofern ein Problem darstellen, als dass die Institution beim Ausbleiben dieser Zuwendungen mit massiven finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte und so auch mehrmals kurz vor dem Kollaps stand. Gerade interne Differenzen innerhalb der sogenannten „Singh Sabhas“ oder „Khalsa Diwans“, sozio-religiösen Reformgesellschaften und die Trägerorganisationen des Colleges, gefährdeten v.a. in der Frühphase der Bildungseinrichtung deren Stabilität. Besonders die Animositäten zwischen den Zentren Lahore und Amritsar sowie den Punjab-Regionen Malwa und Majha traten am Khalsa College immer wieder hervor. Der gouvernementale Einfluss äusserte sich lange v.a. indirekt über die Förderung loyaler Sikhs, später erfolgte der Zugriff auch direkter. Vor allem ab 1907, nach der Universitätsreform von Vizekönig Lord Curzon und nachdem zunehmend vielfach studentisch getragene, regierungskritische Proteste Britisch-Indien erschüttert hatten, sprachen sich Kritiker des Colleges aus Regierung- und Sikh-Kreisen für eine Reorganisation der Bildungseinrichtung aus. Dazu kam es dann auch 1908 und 1912, als jeweils die Repräsentation einerseits der Sikhs aus den Fürstenstaaten, andererseits der Regierung des Punjab in den Leitungsgremien des Khalsa College erhöht wurde. Gleichzeitig stellte das Khalsa College jedoch auch ein Betätigungsfeld für neue soziale Sikh-Gruppen dar, die um 1920 die traditionellen Eliten als Sprachrohre des „Sikhismus“ ablösen sollten. Diese Akteure, meist Vertreter der „educated middle classes“, waren rege politisch aktiv und propagierten den sogenannten „Tat Khalsa“, eine Interpretation von Sikhismus, die sich stark gegenüber hinduistischen Einflüssen abgrenzte. Die Gleichzeitigkeit traditionell-fürstlichen Einflusses und politisierter bis radikaler Sikh-Aktivisten am Khalsa College stellte im frühen zwanzigsten Jahrhundert ein Merkmal dar, das die Bildungseinrichtung massiv beeinflusste. „Gebildete“ Sikhs, die durch ihre Rolle im noch jungen Pressewesen der Provinz den öffentlichen Diskurs prägten, gehörten zu den grössten Kritikern des Colleges. Besonders die wachsende britische Rolle am Khalsa College wurde von diesen als „Verlust“ der Institution beklagt. Die Ent- wicklung des Khalsa College war damit Teil eines grösseren Prozesses einer „Entfremdung“ zwischen Sikhs und Kolonialmacht im frühen 20. Jahrhundert, wie er in den 1920er-Jahren seinen Höhepunkt finden sollte. Im Sog des von Gandhi initiierten Non-Cooperation-Movement konnte das Ziel der „Deoffizialisierung“ oder „Nationalisierung“ des Khalsa College im November 1920 erreicht werden und die Behörden zogen sich aus jeglicher offizieller Beteiligung an der Einrichtung zurück. Auch wenn dies die Kritiker des Colleges nur bedingt verstummen lassen sollte, blieb doch der aristokratische Charakter der Institution und deren starke Verbindung zu den mittlerweile in der Sikh-Öffentlichkeit nur noch schwach akzeptierten Organisationen wie dem Chief Khalsa Diwan weiterhin bestehen.

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