Nachlass Hans Bracher. Zwischen General und Bundesrat Tagebücher1939-1945

Cognome dell'autore
Hans
Bracher
Tipo di ricerca
Tesi di laurea
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
Prof.
Chr.
Graf
Istituzione
Historisches Institut
Luogo
Bern
Anno
1998/1999
Abstract

Der schriftliche Nachlass von Herrn Hans Bracher (geb.1903, gest.1967), Tagebücher und eine umfangreiche Aktensammlung, wurde im Rahmen einer lizentiatsarbeit als Leseedition aufbereitet und damit einem interessierten Kreis zugänglich gemacht und dem Bundesarchiv übergeben.

 

Hans Bracher trat 1937 als juristischer Adjunkt ins Militärdepartement ein und betreute bis zum Kriegsausbruch das Sekretariat der Landesverteidigungskommission. Auf Wunsch Bundesrat Mingers wirkte er ab September1939 als Verbindungsoffizier zwischen Minger und General Guisan. Die Aktivdienstzeit verbrachte er im persönlichen Stab des Generals als enger Mitarbeiter Guisans, anschliessend bekleidete er verschieden Kommando- und Stabsstellen, am Schluss als Stabsschef des 2. Armeekorps.

 

Parallel dazu verlief seine berufliche Karriere nach dem Aktivdienst, zuerst als stellvertretender Departementssekretär unter Bundesrat Kobalt und ab 1951 als Direktor der Eidgenössischen Militärverwaltung. Aus gesundheitlichen Gründen musste er von1953bis zu seiner vorzeitigen Pensionierung 1962 beruflich kürzer treten.

 

Ab Ausbruch des Krieges bis in die .Fünfzigerjahre führte Bracher ein sehr persönliches Tagebuch. Bracher analysiert darin kritisch und objektiv Bundesrat und General. Gleichzeitig legte er eine umfangreiche Aktensammlung an.

 

Nach seiner vorzeitigen Pensionierung verfasste er seine Lebensaufzeichnungen, die geprägt sind durch grosse Abneigung gegenüber Bundesrat Kobelt und einer grenzenlosen Bewunderung Guisans, und die die Verbitterung über sein Schicksal widerspiegeln. Die beeindruckende Objektivität in den Tagebüchern ist verzerrten, stark subjektiv gefärbten Erinnerungen gewichen. Dies ist auch der Grund, wieso die Familie Bracher den Nachlass bisher der historischen Forschung vorenthalten hat. Die Tagebücher Brachers befassen sich nach einer summarischen Auswertung zu einem guten Drittel mit Personalproblemen. In diese Kategorie gehören die Mutationen in der Armeeführung, die Führungsprobleme sowie die Absetzung nicht mehr tragbarer Kommandoinhaber.

 

Bedingt durch seine Funktion als Personalchef im EMD war Bracher Anlaufstelle für alle personellen wie auch persönlichen Probleme der Instruktoren. Gegen Ende Jahr boten die bevorstehenden Jahresendmutationen im höheren Offizierskader mit ihren Ernennungen, Ablösungen und Rochaden etwelche Knacknüsse, die jeweils nur nach ausgedehnten Vernehmlassungen gelöst werden konnten. Dieser jährliche Meinungsbildungsprozess lässt sich anhand der Tagebücher gut nachvollziehen.

 

Als weiteren wichtigen Themenkreis der Tagebücher kann man die Zusammenarbeit zwischen Guisan und dem Bundesrat sowie zwischen Guisan und der Armeeführung bezeichnen. Bracher in seiner Doppelrolle als stellvertretender Departementssekretär und enger Mitarbeiter im Stab des Generals hatte Einblick in alle wichtigen gemeinsamen Geschäfte. Die stetigen Reibereien zwischen General und Bundesrat, die gelegentlich zu handfeste Streitereien eskalierten, belasteten ihn dabei sehr.

 

Stets war er bemüht, die Wogen zu glätten, und die Zusammenarbeit zwischen dem General und Bundesrat Kobelt zu fördern. Gewissenhaft zeichnete er alle Missstimmungen oder Zerwürfnisse in der obersten politischen und militärischen Führung auf.

 

Den dritten Themenbereich, der immer wieder zu Eintragungen führte, kann mit dem Stichwort ,,Affären" überschrieben werden. Bracher berichtete akribisch über alle Skandale, die sich während des Aktivdienstes in seinem Umfeld ereigneten, und kolportierte getreulich alle Gerüchte. Er schrieb ausführlich über Intrigen, Streitereien, Eifersucht, Frauen- und Finanzaffären, nicht nur im Nachrichtendienst, sondern auch aus dem Umfeld des Generals. Man kommt nicht umhin, die Aufzeichnungen als sehr privat und intim zu bezeichnen. Bracher rechnete nicht mit einer späteren Auswertung.

 

zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Tagebücher und Akten von Hans Bracher keine wesentlich neuen Erkenntnisse zutage fördern und die bisherigen Forschungsergebnisse bestätigen. Sie geben jedoch ein sehr persönliches, ungefiltertes Bild aus der engsten Umgebung Guisans und Kobelts ab. Gerade die Subjektivität und Spontaneität der Aufzeichnungen machen ihren Wert aus. Bracher vertraute seinen Tagebüchern Beobachtungen und Eindrücke an, die sicher keinen Eingang in offizielle Schriftstücke fanden. Dadurch vermögen sie einen wertvollen Beitrag zur Vervollständigung des Bildes des Generals und seiner Umgebung zu bieten.

 

Unter den vorgefundenen Akten ist der Briefwechsel zwischen Korpskommandant Labhart und Bundesrat Kabelt vom Juni 1942, der bisher in der Forschung nicht Verwendung fand, zu erwähnen. Er lässt die bisher (von Prof. Willi Gautschi) lediglich vermuteten Machenschaften in einem neuen Licht erscheinen. Kabelt diskutierte mit Labhart nicht nur die Möglichkeiten einer Entmachtung und Absetzung Guisans, sondern strebte sie, laut eigener Aussage, gemäss den Vorschlägen Labharts an.

 

Bei den Akten befinden sich ebenfalls mehr als hundert Brief von Hans Hausamann, die noch der detaillierten Auswertung harren. Der Chef des legendären Nachrichtenbüros „Ha" versuchte kontinuierlich, über Bracher den Bundesrat oder Guisan zu beeinflussen, meist gegen den Chef des Nachrichtendienstes, Roger Massen.

 

Anhand der Tagebücher Brachers lässt sich ebenfalls verfolgen, wie weit der persönliche Stab des Generals am Entstehen des Mythos Guisan beteiligt war. Der Stab kontrollierte nicht nur das Erscheinungsbild Guisans in der Presse, sondern plante gezielt dessen öffentliche Auftritte und half kräftig mit, ihn zum Gegenspieler des Bundesrats aufzubauen.

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