Der Körper von Herrscherfrauen in Spätantike und Frühmittelalter

Cognome dell'autore
Alexander
Thies
Tipo di ricerca
Dottorato
Stato
laufend/en cours
Cognome del docente
Prof.
Jan
Meister
Istituzione
Historisches Institut
Luogo
Bern
Anno
2024/2025
Abstract


Monarchische Körper sind besondere Körper, denn die Monarchie als Institution muss verkörpert werden. Auch in modernen Monarchien ist der monarchische Körper daher eingebettet in Pomp und Zeremoniell. In der römischen Antike ist das nicht anders – und doch ist die römische Monarchie speziell: Sie bildet einen der globalgeschichtlich seltenen Fälle, in denen eine Monarchie sekundär aus einer bereits bestehenden, dezidiert anti-monarchischen und auch frauenfeindlichen Ordnung hervorgegangen ist. Das hatte Auswirkungen auf den Körper der Herrscherfrau (Augusta): Die Problematik, eine de facto existierende Monarchie mit einer Frau an der Seite eines Herrschers im Rahmen einer republikanischen Tradition zu verkörpern, führte zu diversen Problemen und Paradoxien. Noch für die institutionelle und ideologische Festigung der spätantiken römischen Monarchie bildete das Fehlen einer monarchischen Tradition eine zentrale Prämisse, liess es doch Raum für neue, eigene Traditionsbildungen. Eine zentrale Rolle kommt dabei der Christianisierung der Monarchie zu, welche dem Körper einer Herrscherfrau neue Bedeutungen beimass wie auch neuartige Handlungsspielräume ermöglichte.

Das Dissertationsprojekt untersucht nun im Sinne einer "langen Spätantike" die Konzeptionen, Transformationen und das Fortwirken antiker Traditionen der Körper von Herrscherfrauen von der Hohen Römischen Kaiserzeit bis in das 6. Jh. n. Chr. in der römisch-byzantinischen Monarchie, mit Ausblick auf Herrscherfrauen in der frühislamischen Dynastie der Umayyaden. Dabei soll die Perspektive jedoch über eine Frauengeschichte hinaus zu einer Geschlechtergeschichte erweitert werden, da die Körper von Herrscherfrauen vor allem deshalb interessieren, weil sie als weibliches Pendant zum männlichen Herrscher die Kategorie Geschlecht besonders deutlich werden lassen. Ein besonderes Augenmerk liegt daher auch auf jenen Fällen, in denen Herrscherfrauen in der Repräsentation verstärkt einbezogen oder auch gerade bewusst ausgeblendet werden, die Monarchie also als reine Männersache konzeptualisiert wird.

Folgende Aspekte stehen dabei im zentralen Fokus:

1. die Bedeutung, welche der Fertilität der Herrscherfrau beigemessen wurde
2. die ideologische Rolle der Herrscherfrau in der monarchischen Repräsentation
3. die literarische Stilisierung bzw. Verdammung des Körpers der Herrscherfrau in Enkomia und Invektiven
4. das Auftreten der Herrscherfrau in der Öffentlichkeit

Methodisch sind dabei drei Ebenen zu unterscheiden: Literarische Repräsentationen von Herrscherkörpern, die jeweils in ihrem gattungsspezifischen Kontext zu analysieren sind, bildliche Repräsentationen mit ihren ikonographischen und objektgeschichtlichen Eigenheiten und schliesslich die Frage, inwieweit sich aus den Zeugnissen eine historische Praxis rekonstruieren lässt, die Aufschluss darüber geben kann, wie der «reale» Körper performativ die Monarchie repräsentierte.