Tipo di ricerca
Tesi di master
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
PD Dr. phil
Daniel Marc
Segesser
Istituzione
Historisches Institut
Luogo
Bern
Anno
2018/2019
Abstract
Als von 1936 – 1939 auf der Iberischen Halbinsel der Spanische Bürgerkrieg tobte, organisierte das IKRK eine Reihe von Hilfsaktionen. Dazu gehörten Lieferungen von Nahrungsmitteln und Sanitätsmaterial, der Besuch von Gefangenen, der Betrieb eines frontüberschreitenden Nachrichtenservices, Evakuierungen von Zivilisten sowie die Planung und Überwachung von Gefangenenaustauschen. Um die Mission in Spanien zu gewährleisten, etablierte das IKRK vor Ort Delegationen und dies auf dem Gebiet beider Konfliktparteien. Gemäss der Genfer Konvention von 1929 war das IKRK zu dieser Zeit nicht für Bürgerkriege zuständig, weshalb für seinen Einsatz das Einverständnis beider Lager vonnöten war. Nicht zuletzt deshalb basierte die Arbeit in Spanien auf einem Gegenseitigkeitsprinzip.
Dieser Abschnitt der IKRK -Geschichte hat in der historischen Forschung bisher keine herausragende Position eingenommen, was insbesondere gemessen an der Fülle vorhandener Quellen im IKRK-Archiv in Genf erstaunlich ist. Im französisch- und spanischsprachigen Raum fand die Thematik zwar Resonanz, doch fokussieren sich diesbezügliche Untersuchungen auf Vorkommnisse in Spanien und Aktionen ausgewählter Delegierter. Hintergründe dieser Personen und der rege Austausch mit Genf fanden bisher kaum Beachtung. Die vorliegende Masterarbeit versucht die bestehenden Lücken zu füllen. Sie befasst sich einerseits mit den Tätigkeiten der zuständigen IKRK-Delegierten und den von ihnen geführten Niederlassungen und andererseits mit Überlegungen und Entscheidungsfindungsprozessen in Genf, wobei die für den Bürgerkrieg ins Leben gerufene Spanienkommission im Mittelpunkt steht. Das erklärte Ziel der Arbeit ist es, herauszufinden, inwiefern sich das IKRK und die Spaniendelegierten in diesem Konflikt den selbstauferlegten Prinzipien der Neutralität und Unparteilichkeit treu blieben.
Am Beginn der Arbeit steht ein Literaturkapitel bestehend aus einem historischen Abriss über die Geschichte des IKRKs sowie einem Überblick des Zeitraums von der Gründung der Zweiten Spanischen Republik 1931 bis hin zum Ausbruch des Bürgerkrieges im Juli 1936. Danach liegt der Fokus auf dem IKRK und der Spanienkommission. Letztere war jenes Gremium, welches für die IKRK-Mission in Spanien zuständig war und somit auch für die Rekrutierung potenzieller Delegierter. Die Arbeit zeigt auf, dass nicht nur ein militärischer oder medizinischer Hintergrund für eine Entsendung nach Spanien entscheidend war, sondern auch Kontakte zu einzelnen Kommissions- oder IKRK-Mitgliedern sowie erste Erfahrungen im Ausland. Dass einzelne Delegierte klar mit den Aufständischen sympathisierten, spielte für die Kommission keine Rolle, tendierten doch auch eine Reihe von IKRK-Mitgliedern zur Seite der Aufständischen bzw. waren gegenüber den Idealen der Republik kritisch eingestellt. Methodisch basieren dieser Abschnitt sowie der Hauptteil der Arbeit überwiegend auf der Auswertung vorhandener Akten aus dem IKRK-Archiv, wobei die hermeneutische Quellenkritik im Zentrum steht. Zur Verortung und Einbettung der Delegierten wurde zudem ein prosopographischer Zugang gewählt. Um dem Hauptteil der Arbeit einen Rahmen zu geben, werden die IKRK-Aktionen anhand der Phasen des militärischen Kriegsverlaufes analysiert.
Auf beiden Seiten hatte das Hilfswerk mit Missgunst zu kämpfen und der Einfluss der Rotkreuzgesellschaften in Spanien war begrenzt. Auf dem Gebiet der Republik hatte die Internationale Rote Hilfe deutlich mehr Macht, doch hatten auch die Delegierten in den nationalistischen Gebieten Probleme, welche vereinzelt sogar zu Ausweisungen führten. Einmischungen durch das IKRK auf der eigenen Seite waren nicht gerne gesehen, während im gegnerischen Lager Einflussnahme deutlich erwünscht war. Das IKRK und seine Delegierten standen somit vor grossen Herausforderungen. Gerade durch die Präsenz auf beiden Seiten der Front waren sie allerdings trotz Vorbehalten die bevorzugten Ansprech- und Verhandlungspartner der verfeindeten Kriegsparteien.
Insgesamt kommt die Arbeit zum Schluss, dass dem IKRK und seinen Delegierten trotz teilweise nicht-neutraler Haltung kein Verstoss in Bezug auf unparteiisches Handeln vorgeworfen werden kann. Das verfolgte Gegenseitigkeitsprinzip garantierte die Unparteilichkeit bis zu einem bestimmten Grad. Mit Fortschreiten des Krieges und den Gebietsgewinnen von Francos Truppen durchlief die Reziprozität in Genf stufenweise eine Neuauslegung. Das Lager der Nationalisten war zunehmend nicht mehr auf Unterstützung in Form von Nahrungsmitteln oder Sanitätsmaterial angewiesen. Dies hatte zur Folge, dass gegen Kriegsende selbst bei Nahrungsmittellieferungen in die Gebiete der Republik das Gegenseitigkeitsprinzip zur Bestätigung der Neutralität und Unparteilichkeit herangezogen wurde, da sich unter den bedürftigen Zivilpersonen auch Franco-Sympathisanten befanden. Die Überlegungen in Genf und die Aktionen in Spanien zeichneten sich durch ein behutsames Vorgehen aus, um letztendlich den Zugang zu den Gebieten nicht zu verlieren.