Während das Postwesen heute ein alltägliches und für alle Gesellschaftsschichten gängiges Geschäft darstellt, war es im 17. Jahrhundert in der Eidgenossenschaft ein am Anfang stehender Dienstleistungsbetrieb, der stark abhängig war von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungsprozessen. Auch benötigten nicht alle sozialen Schichten ein gut funktionierendes Kommunikationswesen. Neben Adligen und Geistlichen waren es vor allem Handelshäuser und Kaufleute, die schon seit mehr als zwei Jahrhunderten auf einen schnellen und zuverlässigen Post- und Botendienst vertrauten.
Verantwortlich für die Entstehung eines Postbetriebes im Heiligen Römischen Reich war die vom Kaiser eingesetzte Postmeisterfamilie Thurn und Taxis. Ihr Auftrag war es bereits um 1490, regelmässige Postverbindungen einzurichten und zu betreiben. Dieses Modell der Reichspost machte in ganz Mitteleuropa Schule und diente auch der Republik Bern und dem bernischen Ratsherrn und Postpächter Beat Fischer als Vorbild für seine Fischerpost. 1675 gelang es Beat Fischer, die Berner Obrigkeit davon zu überzeugen, ihm das Postregal zu verpachten. Wie für die Thurn und Taxis im Reich sollte das Postgeschäft der Fischer in der Eidgenossenschaft ein einträgliches Geschäft für die Familie und die Republik Bern werden. Seine unternehmerische Position musste sich Fischer allerdings erst erkämpfen, indem er das bernische Postregal innerhalb der Grenzen der Republik Bern durchsetzte sowie Durchgangsrechte bei benachbarten Kantonen erlangte. Fischer gelang es, bestehende und bewährte Postkurse, die bis anhin von privaten Unternehmen organisiert worden waren, unter Druck zu setzen – so etwa das sog. Lyoner Ordinari, die alte Botenlinie von Nürnberg nach Lyon, die von den Kaufmannsposten Zürich und St. Gallen betrieben wurde.
Fischer löste, gestützt auf die politische Unterstützung durch die Berner Obrigkeit und dank der Tatsache, dass die Republik Bern das grösste zusammenhängende Territorium in der Eidgenossenschaft besass, einen erbitterten Verdrängungskampf um die ertragsreichen Streckenanteile auf der Ost-West-Achse aus, bei dem er v.a. mit Zürich in Konkurrenz stand.
Der Streit um das Lyoner Ordinari wirkte sich stark auf die eidgenössische Politik aus. Die Auseinandersetzung zwischen Fischer und dem Kaufmännischen Direktorium Zürich bedrohte nicht nur das Lyoner Ordinari, sondern setzte auch das eidgenössische Bündnis zwischen Bern und Zürich einer Zerreissprobe aus. Das grundsätzlich freundschaftliche Verhältnis zwischen den beiden Kontrahenten war aufs Äusserste angespannt. Der Ausgang des Verdrängungskampfes zeigt aber, dass beiden Rivalen das gemeinsame Bündnis letztlich wichtiger war als ein über viele Jahre sich erstreckender Rechtsstreit um das Lyoner Ordinari. Der diskrete Rückzug der Verliererpartei (Zürich) sorgte für einen gewaltfreien Ausgang des wirtschaftlichen Machtkampfes innerhalb der Eidgenossenschaft.
Fischer trieb mit seiner Idee, den Post- und Reiseverkehr neu über Bern zu leiten und die Hauptstadt ins Transportgeschehen einzubinden, eine staatrechtliche und betriebswirtschaftliche Modernisierung des Postwesens voran, die mit der Realisierung grosser Gewinne für seine Familie Hand in Hand ging.
Beat Fischer und seiner Fischerpost gelang es, sich zwischen 1675-1698 auf Kosten bernischer Boten, der benachbarten Stände und der florierenden Handelspost der Zürcher und St. Galler Kaufmannschaften zu behaupten. Um die Monopolstellung innerhalb der Eidgenossenschaft halten und gleichzeitig auch weiter ausbauen zu können, brauchte Fischer unternehmerische Überzeugungskraft, diplomatisches Geschick, Taktik und zahlreiche Abkommen mit dem In- und Ausland. Mit der Anbindung an den internationalen Postmarkt schaffte es Fischer, das neuartige Postsystem, seine Fischerpost, im Staat Bern und dann in Nachbarständen zu etablieren. Durch die Einrichtung von Wechselstationen oder Poststationen zwischen den Destinationen wurde der Zeitverlust verringert.
Die Fischerpost war Teil der Revolution im Nachrichtenwesen Europas in der Frühen Neuzeit. Sie richtete regelmässige Kurse ein, stellte ein Netz von Botenkursen aus, intensivierte das Verfahren der Postübergabe, regelte Taxen und Tarife. In rund zwanzig Jahren erkämpfte sich Fische mit seiner Fischerpost eine bedeutende Stellung in der Eidgenossenschaft und in Europa. Trotz der Kriege n Europa und dem rauen Verdrängungskampf um wichtige Strecken und Streckenabschnitte gelang es den Postdienstleistern, ein Kommunikationssystem aufzubauen und zu vernetzen.