Hypnosepolitik. August Forel, das Gehirn und die Gesellschaft (1870-­1920)

Cognome dell'autore
Mirjam
Bugmann Jung
Tipo di ricerca
Dottorato
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
Prof.
Philippe
Sarasin
Istituzione
Neuzeit
Luogo
Zürich
Anno
2011/2012
Abstract
Der Westschweizer August Forel (1848-1931) war während zwanzig Jahren Klinikdirektor und Professor für Psychiatrie in Zürich, daneben Ameisenforscher, Sexualwissenschaftler und Gehirnanatom von internationalem Ansehen. In den letzten Jahren hat vor allem seine zentrale Rolle bei der Etablierung eugenischer Massnahmen in der Psychiatrie Aufmerksamkeit erregt. Forels Bekanntheit steht allerdings in eklatantem Gegensatz zur historischen Aufarbeitung seiner wissenschaftlichen Arbeit und deren Wirkungsgeschichte. Das Dissertationsprojekt fokussiert auf einen zentralen Themenbereich von Forels Arbeit: Seine intensive Beschäftigung mit dem menschlichen Gehirn. Diese Beschäftigung fand vorerst primär im hirnanatomischen Labor statt. Je länger je mehr wandte sich Forel jedoch Neuerungen im psychologisch-psychotherapeutischen Bereich zu (wie Arbeitstherapie, Heilung der Alkoholiker mittels Abstinenz und Hypnosebehandlung). Dieser „psychological turn“ in der Praxis war begleitet von seinem zunehmenden theoretischen Interesse an grösseren Synthesen in diesem Feld. Seine Konzepte blieben aber zeitlebens eng an die Neurobiologie angebunden. In einem ersten Bereich untersuche ich Forels Arbeit in der Hirnforschung. Bekannt ist sein Beitrag zur Theorie des Aufbaus der Nervenzelle aus dem Jahr 1886. Der Fokus wird auf den Generierungsprozess des wissenschaftlichen Wissens gelegt: wie kam er zu seinen wissenschaftlichen „Tatsachen“, welchen Techniken – ob im Labor oder bei der Verschriftlichung der Ergebnisse – bediente er sich, um zu beweisen, was er sieht? Der zweite Arbeitsbereich widmet sich der Hypnoseanwendung Forels im Burghölzli, dem Vorlesungssaal der Universität und in seiner Privatpraxis nach der Burghölzli-Demission. Der Hypnotismus war für Forel ein wichtiger Bereich, um die Gehirntätigkeiten zu erforschen, aber auch, um zu intervenieren. Die Suggestionen, die er bei Klinikpersonal und bei Patienten/-innen vornahm, verraten seinen Traum einer programmierten und gesteuerten Gesellschaft. Auch hier interessiert mich das gesamte Spektrum seiner Aktivitäten, die mit der Erkenntnisproduktion verbunden sind. Durch den genauen Blick auf das soziale und räumliche Setting der Klinik, in dem Forel seine Hypnotismus-Experimente durchführte, sollen die Bedingungen der Entstehung von wissenschaftlichem Wissen analysiert werden. Wie beeinflusst beispielsweise das hierarchische Verhältnis von Arzt und Patient oder von Vorgesetztem und Angestellter die Hypnoseanwendung? Forels Rhetorik scheint der damaligen kritischen Verhandlung des Rapports, d. h. dem spezifischen Verhältnis von Hypnotiseur und Hypnotisiertem, nicht zu folgen. Der dritte Teil schliesslich fokussiert auf den Zusammenhang von Gehirn, Hypnose und Gesellschaft. Das Gehirn als der Ort, wo die menschliche Persönlichkeit mit ihren Fähigkeiten eingeschrieben ist, war für Forel eng mit sozialpolitischen Interessen und eugenischen Absichten verschränkt. Wie findet der Transfer des Objektes Gehirn aus Labor und Klinik in seine Gesellschaftskonzepte statt? Was impliziert Forels Auseinandersetzung mit Gehirn und Hypnose für seine Vorstellung des Subjekts? Es wird deutlich, dass es ihm hauptsächlich um das Individuum im gesellschaftlichen Kontext ging. Die von ihm häufig hergestellte Verbindung von Vererbung und Gehirn ist direkt in seine biopolitischen Absichten eingebunden. Die Fragen sind geprägt durch einen methodischen Ansatz aus der Wissenschaftsforschung, der mit Laborstudien oder auch „Science in the Making“ bezeichnet wird. Weiter werden die Quellen mittels eines diskursanalytischen Zugangs untersucht. Durch das Projekt soll ein Beitrag zur Einordnung des Wirkens dieses berühmten und umstrittenen Wissenschaftlers geleistet werden. Die Arbeit wird betreut von Prof. Philipp Sarasin und Prof. Michael Hagner (Wissenschaftsforschung ETH). Publikation

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