Unter Zugzwang. Die Schweizerischen Bundesbahnen und das Automobil 1945-1975

Cognome dell'autore
Daniel
Beck
Tipo di ricerca
Tesi di laurea
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
Prof.
Christian
Pfister
Istituzione
Historisches Institut
Luogo
Bern
Anno
1998/1999
Abstract

In der Hochkonjunkturphase, die vom Ende des zweiten Weltkriegs bis zur Rezession der 1970er Jahre dauerte, verlor die Eisenbahn in der Schweiz ihre Bedeutung als wichtigstes Verkehrsmittel an das Automobil. Die neuen Autobahnen veränderten die Landschaft der Schweiz, und die Zahl der Persernenwagen stieg von 1946 bis 1975 von 63'000 auf 1 '794'000 - kurz: Das Auto wurde vom Luxusprerodukt zum Allgemeingut.

 

Die Lizentiatsarbeit untersucht, wie der staatliche schweizerische Bahnbetrieb, die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), auf diesen Autoboom reagierte. Die Arbeit beschränkt sich aber auf eine Betrachtung des Personenverkehrs. Dabei lassen sich drei Arten von Reaktionen unterscheiden: Versuche, auf der politischen Ebene die Bedingungen des Wettbewerbs zwischen Schiene und Strasse zugunsten der Bahn zu verändern, Angebotsverbesserungen, die mit der verschärften Konkurrenz begründet wurden, und schliesslich die Tätigkeit der SBB in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und Werbung. Der Eisenbahnwerbung, die bislang noch kaum erforscht ist, ist ein besonders ausführliches Kapitel gewidmet.

 

Auf der politischen Ebene stand bei den Bemühungen der SBB, konkurrenzfähig zu bleiben, der Güterverkehr im Zentrum. Bereits in der Krisensituation der 1930er Jahre versuchten Interessenvertreter der Bahn, eine gesetzliche Verkehrskoordination durchzusetzen, die den Lastwagenverkehr stärker reglementiert hätte. Diese Bemühungen blieben aber ohne Erfolg. Dagegen wurden die finanziellen Anliegen der Bahn in der Nachkriegszeit meist erfüllt: Das SBB-Gesetz brachte 1944 eine Entschuldung der Staatsbahn, und das Eisenbahngesetz von 1957 regelte die Abgeltung der unrentablen Leistungen, die die Bahnen im Interesse der Allgemeinheit erbrachten. Zudem wurden zu Beginn der 1960er Jahre gesetzliche Beschränkungen aufgehoben, die die Investitionstätigkeit der SBB erschwert hatten. Im internationalen Vergleich befanden sich die damals noch gewinnbringend betriebenen Schweizer Bahnen in einer ausgesprochen günstigen Lage. Dazu trug nicht zuletzt der sehr hohe Elektrifizierungsgrad in der Schweiz bei. Dadurch Hessen sich die Bahnen wirtschaftlich und in Krisen zeiten unabhängig von ausländischen Energiequellen betreiben. Dennoch wurden, wie in den umliegenden Staaten, auch in der Schweiz ungleich grössere Summen in den Strassenverkehr investiert als in die Eisenbahn.

 

Die Passagierzahlen der SBB stiegen bis 1964. Danach stagnierten sie, und 1966 war erstmals seit fast 20 Jahren wieder ein Defizit zu verzeichnen. Dieser Wendepunkt lässt sich auch in der Information der SBB über ihre Angebotsverbesserungen feststellen. Wurde mit den Investitionen vor Mitte der 1960er Jahre hauptsächlich die Erhöhung der Kapazität angestrebt, damit der gestiegene Verkehr bewältigt werden konnte, gewannen danach Massnahmen zur Qualitätssteigerung an Bedeutung: Wichtige Ziele waren nun ein höherer Komfort und bessere Fahrpläne und Zugsverbindungen. Die Personalschulung wurde intensiviert, und Kundenwünsche wurden mit Umfragen erstmals systematisch erfasst. Die SBB bemühten sich ab Mitte der 1960er Jahre offensichtlich stärker um ihre Kundschaft.

 

Die Konkurrenz zwischen Schiene und Strasse hatte grosse Auswirkungen auf die Eisenbahnwerbung. Vor dem zweiten Weltkrieg warben die Bahnen vornehmlich im Ausland für die von ihnen erschlossenen Tourismusregionen. Erst unter dem Eindruck der neuen Konkurrenz begannen die Bahnen, in ihrer Werbung - wie heute noch üblich - auf die Vorzüge des Bahnfahrens an sich hinzuweisen. Als Teil eines Staatsbetriebs sah sich die Werbeabteilung der SBB allerdings dazu verpflichtet, eine zurückhaltende Werbung zu betreiben. Ein Ausdruck dieser Haltung war der auf Anzeigen und Plakaten immer wieder betonte Standpunkt, Bahn und Auto seien nicht konkurrierende, sondern sich ergänzende Verkehrsmittel. Einzig auf einigen Plakaten zum Thema Wintersicherheit erlaubte man sich ab Mitte der 1960er Jahre, die Überlegenheit der Bahn in der kalten Jahreszeit mit eingeschneiten oder schleudernden Autos zu illustrieren und so offen auf Nachteile der Konkurrenz hinzuweisen.

 

Die wichtigste Quellengrundlage für die Lizentiatsarbeit sind neben den Werbeplakaten die Publikatinen von SBB-Verantwortlichen in Büchern und Zeitschriften aus dem Untersuchungszeitraum. Ein Blick auf diese Quellen macht deutlich, wie stark sich die Beurteilung des Automobils durch die Eisenbahner im Lauf der Zeit geändert hat. Während Vertreter der SBB noch zu Beginn der 1930er Jahre das private Personenautomobil als Hauptgrund für den Passagierschwund der Bahn betrachteten und mit vielfältigen Argumenten die Vorteile der Bahn gegenüber dem Auto darstellten, galt das Privatauto in der Nachkriegszeit plötzlich nicht mehr als Konkurrenz der Bahn. Man betonte, es erfülle andere Transportaufgaben, und lobte es als grosse technische Errungenschaft. Erst ab den späten 1960er Jahren, als erste negative Auswirkungen der Massenmotorisierung (Unfälle, Staus, Luftverschmutzung) spürbar wurden, stellten die Bahnverantwortlichen wieder Vergleiche an, in denen die Bahn als umweltschonendes und platzsparendes Verkehrsmittel eindeutig besser beurteilt wurde

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