"Die Ausfuhr sämtlicher Waren ist verboten." Schmuggelwesen und behördliche Massnahmen zur Sicherung der schweizerischen Landesversorgung während des Ersten Weltkrieges

Cognome dell'autore
Fabienne
Deppeler
Tipo di ricerca
Tesi di master
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
PD Dr. phil
Daniel Marc
Segesser
Istituzione
Historisches Institut
Luogo
Bern
Anno
2016/2017
Abstract
Der Bundesrat erliess im Laufe des Ersten Weltkrieges Ausfuhrverbote, die er ständig ergänzte. Der Höhepunkt dieser Verbote war im August 1918 erreicht, als die Ausfuhr sämtlicher Waren verboten war. Das Erlassen solcher Beschlüsse war ihm nämlich durch seine Vollmachten, die er am 3. August 1914 von der Bundesversammlung übertragen bekommen hatte, möglich. Er versuchte mit den Ausfuhrverboten den Export unter staatliche Kontrolle zu stellen, wobei die Ausfuhr von Waren nur noch durch Bewilligungen möglich war. Eine solche mengenmässige Ausfuhrbeschränkung beabsichtigte einerseits die Sicherung der Landesversorgung, andererseits konnten damit vertragliche Verpflichtungen mit anderen Staaten eingehalten werden und sie ermöglichten die Schaffung von geeigneten Kompensationsobjekten. Schliesslich hatte auch die Schweiz, obwohl sie nicht direkt in die Kriegshandlungen involviert war, deren Auswirkungen auf ihre Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu tragen. Die Schweizer Wirtschaft war nämlich bereits vor dem Ersten Weltkrieg international verflochten. Die Wirtschaftskriegsführung der kriegführenden Staaten, welche den Feind möglichst von seinen Versorgungsquellen auszuschliessen beabsichtigte, versuchte die Kontrolle über wirtschaftliche Ressourcen und deren optimale Nutzung zu erhalten. Diese Strategie richtete sich auch gegen neutrale Staaten wie die Schweiz, da diese die feindlichen Staaten versorgen könnten. Die Folge war die Gründung der Kontrollorgane S.S.S. (Société Suisse de Surveillance Économique von den Entente-Staaten) und S.T.S. (Schweizerische Treuhandstelle für Überwachung des Warenverkehrs von den Mittelmächten) im Jahr 1915. Diese Organe versuchten möglichst viel Kontrolle über den Warenverkehr (Imund Exporte) der Schweiz auszuüben. Vergehen gegen die vom Bundesrat erlassenen Ausfuhrverbote wurden von den Zollbehörden (bei leichten Straffällen) und von der Militärund später auch von der Ziviljustiz (bei komplexeren Fällen) geahndet. Behörden konnten die Delinquenten zu Bussen und Gefängnisstrafen verurteilen, wobei das maximale Strafmass im Verlauf des Ersten Weltkrieges immer höher wurde. Die Grenzkontrollen wurden verstärkt und neben Waren kamen Personenkontrollen hinzu. Die Arbeit konzentriert sich auf die Straffälle, die von der Militärjustiz bearbeitet wurden. Diese Strafakten wurden bisher von der Forschung kaum beachtet. Insgesamt konnten 190 Militärgerichtsfälle im quantitativen Teil der Arbeit nach verschiedenen Variablen wie Tatund Urteilsdatum, Tatort und Zielland der unerlaubt eingeführten Waren klassifiziert werden. Auch die Schmuggelwaren selbst sowie die Hintergründe der Schmugglerinnen und Schmuggler bezüglich Geschlecht, Alter und Beruf wurden untersucht. Die Auswertungen, welche aufgrund der tiefen Fallzahl nur Tendenzen über die Schmuggelaktivitäten abbilden können, zeigen dabei auf, dass der Kanton Schaffhausen am häufigsten als Schmuggelregion gewählt wurde und dass das Kriegsjahr 1918 die höchste Zahl von Schmuggelunternehmungen aufweist. Die Statistik des Bundesrates über alle Straffälle betreffend Ausfuhrverbote unterstützen diese Untersuchung – auch in dieser hatte das Jahr 1918 die höchste Zahl an Straffällen zu verzeichnen. Fallbeispiele in der Arbeit verdeutlichen zudem, dass der Kanton Schaffhausen bewusst von Schmuggelnden gewählt wurde, um Waren auszuführen. Als beliebte Schmuggelwaren galten mehrheitlich Genussmittel, wobei die Schokolade in den Akten am häufigsten aufgelistet ist. Auch Kaffee (dabei Bohnen und Surrogate), Tabakwaren oder Seifenprodukte schienen oft unerlaubt die Grenze passiert zu haben (oder es wurde zumindest ein Versuch in diese Richtung unternommen). Bei den Importgütern Kaffee und Schokolade konnten keine genauen Beweggründe für die Wahl der Waren in den Aussagen der Delinquenten gefunden werden. Da die Genussmittel jedoch vor allem in den Mittelmächte-Staaten schwer zu erhalten waren, erschien der Schmuggel mit diesen Waren vermutlich sehr erfolgsund gewinnversprechend. Weiter ergaben die Auswertungen, dass tendenziell wenig Frauen am illegalen Geschäft beteiligt waren, wie auch, dass der Schmuggel in diesem Zeitraum als ein Delikt der Unterschicht verstanden werden kann. Genaue Beweggründe für die Schmuggelaktivitäten liessen sich nur schwer aus den Akten herauslesen, mehrheitlich standen jedoch wirtschaftliche Motive im Vordergrund.

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