Tipo di ricerca
Tesi di laurea
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
Prof.
Philipp
Sarasin
Istituzione
Neuzeit
Luogo
Zürich
Anno
2011/2012
Abstract
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts setzt in Europa eine hygienische Revolution ein. Diese hat verschiedene Ursachen. Zum einen führt die stetig grösser werdende Zentralisierung der Menschen in Städten zu wachsender Wohnungsnot und menschlichem Zusammenleben auf kleinstem Raum. Die Masse von Abfall und Unrat wird dadurch stetig grösser, Sauberkeit wird zum Problem. Die fortschreitende Industrialisierung verschärft die Lage zusätzlich durch ihre starke Intensivierung der Industrie und des Handwerks. Zum anderen erlebt die naturwissenschaftliche Forschung eine Blüte. Vor allem auf dem Gebiet der Krankheitsbekämpfung werden Fortschritte gemacht. So ist man nicht länger bereit, Krankheiten als naturbedingte Erscheinungen zu sehen, denen man ausgeliefert ist, sondern man beginnt, aktiv gegen diese vorzugehen. An der Spitze dieser Bewegung stehen Ärzte und naturwissenschaftlich Gebildete.
Auf diesem Hintergrund beschäftigt sich meine Lizentiatsarbeit mit den Konzepten und der Praxis der gesunden Wohnung um 1900 in St. Gallen. Die Analyse des konzeptuellen Nachdenkens über das gesunde Haus, die gesunde Wohnung und das gesunde Wohnen bringt mentalitätsgeschichtliche und diskursgeschichtliche Aspekte zum Vorschein. Meine These lautet wie folgt: Das Bemühen um das gesunde Haus, die gesunde Wohnung und das gesunde Wohnen erlaubt den direkten Zugriff auf die Privatsphäre des Einzelnen und der Gesellschaft als Ganzes. Die tabellarische Auswertung der Haushalte tritt im Gewand der objektiven Wissenschaft auf, leistet aber gleichzeitig ideologischen und politischen Interessen Vorschub. Gesundes Wohnen und damit Gesundheit an sich wird vom sozialen Verhalten des Einzelnen abhängig gemacht und so einer genauen sozialen Kontrolle unterworfen. Die Wohnung wird einerseits als geordneter Raum familiären Zusammenlebens und kontrollierten Sexualität stilisiert und andererseits werden die Wohnverhältnisse sozialräumlich gegliedert. Gesunde und ungesunde soziale Schichten werden so lokalisier-, überprüf- und ausgrenzbar.