Die Perpetuierung des Ernährer-Hausfrau-Modells in den eidgenössischen Volkszählungen 1941-1970

AutorIn Name
Franziska
Merz
Academic writing genre
Master thesis
Status
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Christina
Späti
Institution
Seminar für Zeitgeschichte
Place
Fribourg
Year
2019/2020
Abstract
Entworfen im bürgerlichen Milieu des 19. Jahrhunderts, entwickelte sich das Ernährer-Hausfrau-Modell zum vorherrschenden, sämtliche Gesellschaftsschichten durchdringenden Familienmodell. Es basierte auf der Idee der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung: Männer sollten einer bezahlten Erwerbsarbeit nachgehen, Frauen sich unentgeltlich um Haushalt und Familie kümmern. Im Kontext der geistigen Landesverteidigung erreichte das Modell seinen Höhepunkt. In den eidgenössischen Volkszählungen bildete es den Rahmen innerhalb dessen die Fragestellungen formuliert sowie die erhobenen Daten ausgewertet und interpretiert wurden. Dies geht aus der Untersuchung der administrativen Akten des Eidgenössischen Statistischen Amts (ESTA) hervor. An den «Fragen an Berufstätige» sowie den 1941 in den Fragebogen aufgenommenen «Fragen an verheiratete Frauen» zeigt sich beispielhaft, wie Geschlechterideologie zu statistischen Verzerrungen und Fehlern führte. Die gewählten statistischen Kategorien hatten erhebliche Datenlücken in Bezug auf weibliche Berufstätigkeit und männliche Fruchtbarkeit zur Folge. Für eine Verbesserung der Erwerbsstatistik setzte sich der Bund Schweizerischer Frauenvereine (BSF) ein. Obwohl er als Anlaufstelle für frauenrelevante Statistiken über eine grosse Expertise verfügte, wurden seine Anregungen von den Volkszählungsverantwortlichen weitgehend ignoriert. Letztere sahen sich erst 1970 – im Zuge der Hochkonjunktur und der strukturellen Veränderungen des Arbeitsmarkts – dazu veranlasst, die Berufsfragen zu überarbeiten. Die Erfassung der Teilzeitarbeit führte zu einer grösseren Sichtbarkeit weiblicher Berufstätiger. Das ESTA stellte jedoch auch die neuen Zahlen in Konformität zum Ernährer-Hausfrau-Modell dar. Die Hierarchie zwischen den Geschlechtern wurde sichergestellt, indem die weibliche Erwerbsarbeit als bloss subsidiär gedeutet und an die Bedingung der Erfüllung der Familienpflichten geknüpft wurde.

Access to the work

Library

Academic works are deposited in the library of the university where they originated. Search for the work in the central catalogue of Swiss libraries