Vom Schutzaufsichtsamt zur Bewährungshilfe - Die Bewährungshilfe des Kantons Bern im Kontext des Straf- und Massnahmenvollzuges der Schweiz zwischen 1942 und 1986

AutorIn Name
Ismael
Albertin
Art der Arbeit
Masterarbeit
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
PD Dr.
Regula
Ludi
Institution
Historisches Institut
Ort
Bern
Jahr
2010/2011
Abstract
Die Bewährungshilfe des Kantons Bern wurde anlässlich der Einführung der bedingten Freiheitsstrafen in der damaligen Form als Schutzaufsichtsamt im Jahre 1911 gegründet. Das Schutzaufsichtsamt bot Entlassenen Hilfe an; es hatte aber auch die Aufgabe, Personen, die im Zusammenhang mit einer bedingten Entlassung oder einer Verurteilung zu einem bedingten Freiheitsentzug unter Schutzaufsicht gestellt worden waren, zu überwachen. Die Doppelfunktion von Hilfe und Kontrolle hat die Arbeit der Schutzaufsichtsbeamten bis in die Gegenwart geprägt. Im Jahre 1942 wurde mit dem StGB die Schutzaufsicht in der ganzen Schweiz eingeführt. Den damit beauftragten Organisationen wurden Personen zugewiesen, denen man ohne amtlich verordnete Kontrolle und Hilfe keine deliktfreie Lebensführung zutraute. Die Organisationen wurden dazu verpflichtet, die von den Richtern und den Vollzugsbehörden erlassenen Weisungen zu kontrollieren. Der im StGB von 1942 für die Schutzaufsicht definierte Grundsatz, erziehend auf den Gefangenen einzuwirken und ihn auf den Wiedereintritt in das bürgerliche eben vorzubereiten, blieb wie die gesetzlich vorgegebenen strukturellen Richtlinien bis in die 1990er Jahre weitgehend bestehen. In der Arbeit wurde die Genese der Bewährungshilfe im Kanton Bern vom Inkrafttreten des eidgenössischen Strafgesetzbuches (StGB) 1942 bis zur neuen kantonalen Strafvollzugsverordnung des Kantons Bern von 1986 untersucht. Dabei wurde nach den Wechselwirkungen zwischen dem Strafvollzug, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen sowie der Bewährungshilfe als Institution mit ihren Leitbildern und Betreuungsmethoden gefragt. Weil die Bewährungshilfe in vielen Kantonen der Schweiz bis heute eng mit ehrenamtlich engagierten Personen und privaten Organisationen zusammenarbeitet, waren ihre Tätigkeitsfelder und Kooperationsbereiche ebenfalls Gegenstand der Studie. Das StGB von 1937, welches 1942 in Kraft trat, trug den föderalen Gegebenheiten Rechnung, indem es bei der Umsetzung viel Freiraum gewährte. Die Kantone organisierten die Schutzaufsicht deshalb unterschiedlich und übertrugen sie an Ämter oder ehrenamtlich geführte Vereine, was in der Ausrichtung der Betreuungsmethoden zu grossen Differenzen führte. Die Verantwortlichen der Schutzaufsichtsämter legten die Schwerpunkte ihrer Arbeit in eigener Regie fest und konnten in der Folge sowohl die kantonale als auch die nationale Gesetzgebung wesentlich beeinflussen. Die föderalistischen Strukturen, der grosse Einfluss der Praktiker und ein ausgeprägtes Denken in Ressorts verhinderten lange Zeit einen weiterführenden Austausch selbst im kantonalen Rahmen mit anderen im Strafvollzug involvierten Institutionen. Gemäss den Bestimmungen des StGBs zum Freiheitsentzug führte das Schutzaufsichtsamt des Kantons Bern die begonnenen Erziehungsmassnahmen fort. Bis in die 1970er Jahre dominierte ein rationelles, paternalistisches Fürsorgemodell, das auf die akribische Dokumentation und enge Überwachung der Lebensgestaltung angelegt war. Um das Jahr 1976 vollzog sich im Berner Schutzaufsichtsamt durch die Anlehnung an die Methoden der Sozialen Arbeit im Sinne des social casework eine Verschiebung im Resozialisierungskonzept von der Fremdkontrolle zur Hilfestellung hin. Neben nationalen Entwicklungen in der Rechtswissenschaft und der Praxis ebneten regionale gesellschaftliche und politische Vorgänge den Weg zu dieser Umstellung. Nicht zuletzt die gesellschaftskritischen Vorbehalte der 1968er Bewegung sensibilisierten Teile der Berner Bevölkerung für die Missstände im Strafvollzug. Verschiedene Gruppierungen bekämpften diese auf privater Basis oder mit politischem Druck. Die alte, ausschliesslich auf die Erziehung zur Arbeit abzielende Betreuung hatte mit dem von der 1968er Bewegung ausgelösten Wertewandel an Legitimation verloren – zudem zeigten wirtschaftliche Veränderungen und die vermehrt drogenabhängigen Delinquenten ihre Grenzen auf. Die wohl entscheidende Entwicklung vollzog sich innerhalb des Schutzaufsichtsamtes durch einen Generationenwechsel. Die Einführung der durchgehenden Betreuung von der Untersuchungshaft bis zum Ende der Probezeit forcierte die Öffnung des Amtes, und die Zusammenarbeit mit anderen Fachstellen verstärkte seit 1976 die Vernetzung der Institutionen und den Transfer des Wissens. Im Jahre 1986 wurden die beschriebenen Reformen durch die Berner Strafvollzugsverordnung auf eine rechtmässige Grundlage gestellt. Im Jahre 1993 kam der Paradigmenwechsel in der Umbenennung von „Schutzaufsichtsamt“ in „Bewährungshilfe des Kantons Bern“ auch auf begrifflicher Ebene zum Ausdruck.Aussteuereinrichtung (auf Abzahlung gekauft) ist hier die Regel.

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