Vermisste Akten zur Geheimarmee P 26 - eine Presseschau


"Paebi": P-26, 06.02.2018. Online: Wikipedia, <https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=P-26&oldid=173713443>, Stand: 06.02.2018. CC BY-SA 3.0

Im Jahr 1990 wurde im Zuge der Untersuchungen zum Fichenskandal bekannt, dass im Jahr 1979 Oberst Efrem Cattelan beauftrag wurde, eine geheime Widerstandsorganisation aufzubauen, die im Falle einer militärischen Besetzung des Landes den Widerstand organisieren sollte. Die Organisation hätte ausserdem auch bei einem "Umsturz durch Unterwanderung" eingesetzt werden können. Die vom Parlament eingesetzte "Parlamentarische Untersuchungskommission EMD" unter der Leitung von Ständerat Carlo Schmid veröffentlichte am 17. November 1990 ihren Bericht dazu.1

Zusätzlich wurde der Untersuchungsrichter Pierre Cornu beauftragt, die Beziehung der P26 zu "analogen Organisationen im Ausland" zu untersuchen. Eine gekürzte Fassung dieses sogenannten Cornu-Berichts wurde am 5. August 1991 veröffentlicht.2 Die ungekürzte Version wurde jedoch bis ins Jahr 2041 gesperrt. Der Bundesrat stufte die Verbindungen zu ausländischen Geheimdiensten als zu heikel ein, wie aus den Antworten von Bundesrat Kaspar Villiger in der Fragestunde des Nationalrats vom 30. September 1991 hervorgeht.3

Nachdem im September 2009 die ehemaligen Mitglieder der P-26 von der Geheimhaltung entbunden wurden, forderte Nationalrat Josef Lang erneut, den Cornu-Bericht zu veröffentlichen. Auch diese Motion wurde vom Bundesrat abgewiesen.4

Wie aus einem Artikel der Wochenzeitung vom 5. Januar 2018 hervorgeht, wurde im November 2017 in Gstaad ein privates P-26-Museum eröffnet, mit dem Ziel, die ehemaligen Mitglieder zu rehabilitieren. Der vormalige Verteidigungsminister Ueli Maurer hielt eine Ansprache. Die Öffentlichkeit darf das Museum allerdings nicht besichtigen.5

Am 30. Januar 2018 wurde der Jahresbericht der parlamentarischen Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass im September 2016 ein Forscher ein Gesuch um Einsicht in die Akten gestellt hat, welche für den Cornu-Bericht verwendet wurden. Dabei kam heraus, dass das Verteidigungsdepartement (VBS) nicht weiss, wo sich diese Akten befinden. Im Dezember 2016 erhielt die GPDel zwar ein Exemplar des Originalberichts zur Ansicht. Dabei stellte die GPDel fest, dass es eine eingeschwärzte Version des Originalberichts gibt, welche offenbar ursprünglich zur Veröffentlichung gedacht war. Die GPDel forderte das VBS auf, den Bericht und die Akten ins Bundesarchiv zu überführen. Am 9. März 2017 informierte das VBS die GPDel, dass die Akten bisher nicht gefunden werden konnten.
Am 16. Juni 2017 stimmte der Departementschef zu, die eingeschwärzte Version des Originalberichts noch vor Ablauf der Schutzfrist unter Auflagen zugänglich zu machen. Allerdings behält sich das VBS vor, Einsichtsgesuche "im konkreten Einzelfall zu prüfen und gegebenenfalls auch abzulehnen". Am 17. November 2017 teilte das VBS der GPDel mit, dass nach den verschwundenen Akten nach wie vor gesucht werde.6

Am 3. Februar 2018 veröffentlichte der Tagesanzeiger einen Artikel, in welchem Sacha Zala, der Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Geschichte, das Verschwinden der Akten als skandalös bezeichnet «Es ist schwer vorstellbar, dass diese Dokumente, die immerhin im Cornu-Bericht erwähnt sind, einfach verloren gehen», so Zala.7

Der Präsident der Geschäftsprüfungsdelegation Claude Janiak sagt gegenüber Radio SRF 3, dass die GPDel weiter an der Sache dranbleiben und das Thema an der nächsten Sitzung Ende Monat besprechen wird. Sie würden auch Rücksprache mit den damals Verantwortlichen – unter anderem Bundesrat Kaspar Villiger – nehmen.8

Damit es künftig nicht mehr zu solchen Fällen kommen kann, fordert Sacha Zala, dass die Rolle des Bundesarchivs gestärkt wird. Das Bundesarchiv solle künftig als unabhängige Stelle direkt den zuständigen Organen des Parlaments berichten, sagt Zala im Interview mit Radio SRF.9



1Parlamentarischen Untersuchungskommission PUK: Vorkommnisse im EMD. Bericht der parlamentarischen Untersuchungskommission, Bern 17.11.1990. Online: <https://www.parlament.ch/centers/documents/de/ed-berichte-puk-emd.pdf>, Stand: 06.02.2018.
Das Einsatzszenario "Umsturz durch Unterwanderung" kritisierte die PUK als "nicht annehmbar", da dieses ein Einsetzen der Organisation auch "bei einem unter demokratischen Formen zustande gekommenen Machtwechsel nicht ausschliesst" (siehe S. 191f.).
2Cornu, Pierre: Schlussbericht in der Administrativuntersuchung zur Abklärung der Natur von allfälligen Beziehungen zwischen der Organisation P-26 und analogen Organisationen im Ausland. Kurzfassung für die Öffentlichkeit, Bern 1991. Online: <https://eu.alma.exlibrisgroup.com/view/delivery/41BIG_INST/12334168690001791>, Stand: 06.02.2018.
3Fragestunde des Nationalrats, Bern 30.09.1991, Amtsdruckschriften. Online: <https://www.amtsdruckschriften.bar.admin.ch/viewOrigDoc/20020337.pdf?id=20020337, Stand: 06.02.2018, Fragen 72-75.
4Lang, Josef: Motion 09.4021. Veröffentlichung des Cornu-Berichtes, parlament.ch, 26.11.2009, <https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20094021>, Stand: 06.02.2018.
5P-26: Geheim bis 2041, in: WOZ, 04.01.2018. Online: <https://www.woz.ch/-84de>, Stand: 06.02.2018.
6Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte: Jahresbericht 2017 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte, 30.01.2018. Online: <https://www.parlament.ch/centers/documents/de/jahresbericht-gpk-2017-d.pdf>, Stand: 06.02.2018, S.56f.
7Häfliger, Markus; Loser, Philipp; Lenz, Christoph: Bund findet «extrem sensitive Akten» zur P 26 nicht mehr, in: Tages-Anzeiger, 02.03.2018. Online: <http://www.tagesanzeiger.ch/schweiz/standard/bund-findet-extrem-sensitive-akten-zur-geheimarmee-p-26-nicht-mehr/story/10453089>, Stand: 06.02.2018.
8Curdin, Vincenz: Schlamperei oder Absicht? - Bund findet Akten zur Geheimarmee P-26 nicht mehr, Schweizer Radio und Fernsehen (SRF), 03.02.2018, <https://www.srf.ch/news/schweiz/schlamperei-oder-absicht-bund-findet-akten-zur-geheimarmee-p-26-nicht-mehr>, Stand: 06.02.2018.
9Verschwundene P-26-Ordner - «In dubio pro Zensur» – wenn Akten gehortet werden, Schweizer Radio und Fernsehen (SRF), 05.02.2018, <https://www.srf.ch/news/schweiz/verschwundene-p-26-ordner-in-dubio-pro-zensur-wenn-akten-gehortet-werden>, Stand: 06.02.2018.