Art der Arbeit
Dissertation
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Philippe
Sarasin
Institution
Neuzeit
Ort
Zürich
Jahr
2013/2014
Abstract
Entgegen der heute weit verbreiteten Ansicht, dass die Vorstellung von Terrorismus als geheimes und globales Terror-Netzwerk und grösste Gefahr für die USA eine Folge der Terroranschläge des 11. Septembers ist, dominierte diese Idee schon vor 9/11 mehrmals den amerikanischen Terrorismusdiskurs. Bereits im Anschluss an das Haymarket-Massaker vom 4. Mai 1886 erlebten die USA ihren ersten „Terrorist Scare“, wobei „Terrorismus“ weitgehend mit „Anarchismus“ gleichgesetzt wurde. Insbesondere Presse, Polizei und private Sicherheitsfirmen konstruierten die populäre Idee, dass ein geheimes, internationales und zentral gelenktes anarchistisches Netzwerk die grösste Bedrohung für die USA darstellt. Zu Beginn der 1980er Jahre war es dann die Reagan-Administration, die mittels einer Reihe diskursiver Praktiken “Terrorismus” zur fundamentalen Bedrohung der Vereinigten Staaten aufgeblasen hat. Gemeinsam mit einem Zirkel konservativer „Terrorismusexperten“ etablierte sie erneut die Idee, dass der internationale Terrorismus ein Netzwerk darstellt. „Terrorismus“ wurde nun mit „Kommunismus“ gleichgesetzt und das Terrornetz als von der Sowjetunion kontrolliertes Instrument zur Unterwerfung des Westens und zur kommunistischen Welteroberung in ein Narrativ des Kalten Krieges eingebettet. Mittels einer historischen Diskursanalyse Foucault’schen Typs sollen ausgehend von einem Korpus, welches sowohl journalistische, politische, wissenschaftliche, aber auch kulturelle Texte umfasst, die historischen Redezusammenhänge mit ihren spezifischen Wahrheitsregeln und Ordnungsstrukturen des amerikanischen Terrorismusdiskurses dieser zwei Zeiträume (1886-1905/1981-1986) beschrieben und damit aufgezeigt werden, wie Terrorismus als ausserordentliche Bedrohung und „present danger“ diskursiv konstruiert wurde. Dabei wird auch die linguistische Ebene der Semantik – und hier vor allem das Feld der Metaphernanalyse – in die Untersuchung integriert. Ausserdem soll die Entstehung der Terrorismusdiskurse durch soziale Praktiken, die dabei entscheidenden politischen und gesellschaftlichen Akteure, die Funktionen der Terrorismusdiskurse im Feld des Nicht-Diskursiven und damit ihre Auswirkungen auf den politischen Prozess sowie die Entwicklung und Instrumentalisierung des Terrorismusdiskurses als äusserst effiziente Machtstrategie durch eine hermeneutische Analyse historischer Quellen dokumentiert werden.