Die Dissertation untersucht die Bedingungen und Dynamiken der Herstellung und des Wandels nationaler Zugehörigkeitsnarrative durch Migration am Beispiel der schweizerischen Auswanderung nach Brasilien im 19. und im 20. Jahrhundert. Im Fokus stehen die drei Fallbeispiele Nova Friburgo, Helvetia und Joinville, die im Untersuchungszeitraum zwischen 1819 und 2001 in unterschiedlicher und sich stetig wandelnder Weise zum Schauplatz von entsprechenden Aushandlungsprozessen wurden. Auf der einen Seite setzten nationalstaatliche Akteure im Laufe der Zeit verschiedene Massnahmen und Gesetze um, die zum Ziel hatten, die Selbstzuschreibungen von Migrierten in Bezug auf Zugehörigkeit zu beeinflussen und die Rechte und Pflichten ihrer jeweiligen Bevölkerung so zu gestalten, dass sich Wanderungsbewegungen veränderten. Die Bevölkerungspolitik der beiden Staaten, die Auswirkungen der Weltkriege sowie nationalistische Tendenzen in der öffentlichen Debatte wirkten sich wesentlich auf die Produktion von Zugehörigkeitsnarrativen von Eingewanderten aus der Schweiz und ihrer Nachkommen aus. Andererseits hatten auch die Migrantinnen und Migranten eine wichtige Rolle für die Konstruktion, Bewahrung oder Aufgabe von sogenannt schweizerischen Traditionen ausserhalb der Schweiz. Ob und wie sich Akteure in Praktiken der performativen Herstellung von Zugehörigkeitsnarrativen zur Schweiz übten, hing von verschiedenen strukturellen Rahmenbedingungen, aber auch von situativen, je nach Zeit und Ort unterschiedlichen Faktoren ab. Dazu zählen insbesondere vorhandene Gemeinschaftsstrukturen, das Verhältnis zu anderen Bevölkerungsgruppen, die Sprache, transnationale Netzwerke sowie ökonomische Überlegungen.