Maquis – Spanische Guerrilla. Perspektivenwechsel: Vom 2. Weltkrieg in den Kalten Krieg

AutorIn Name
Ralph
Steinacher
Art der Arbeit
Lizentiatsarbeit
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Stig
Förster
Institution
Historisches Institut
Ort
Bern
Jahr
2006/2007
Abstract

Eigentlicher Ausgangspunkt der Arbeit ist die gegenwärtige politische Thematisierung der spanischen Erinnerungskultur. Was im Deutschen „Aufarbeitung der Vergangenheit“ genannt wird, beschäftigt seit nunmehr einem Jahrzehnt die historiographische Debatte innerhalb der Hispanistik. Die Thematisierung der traumatischen Kapitel spanischer Geschichte (Krieg und Repression) und die Dekonstruktion der während eines halben Jahrhunderts propagierten Mythen führten zur Entdeckung und Bearbeitung lange verschwiegener Themen. In diesen Themenkreis gehören die bewaffnete Widerstandsbewegung in Spanien und die Rolle der westlichen Demokratien in der Machtkonsolidierung Francos.

 

Francisco Moreno Gómez gelangt in seinem Standardwerk zur spanischen Guerrillabewegung zur Schlussfolgerung, dass sich das endliche Scheitern des bewaffneten Widerstandes in Spanien einzig durch die veränderte globalpolitische Konstellation nach 1945/47, den Beginn des „Kalten Krieges“, erklären lässt. Diese Lizentiatsarbeit basiert auf der genannten als zu testende Hypothese aufgefassten Behauptung. Die Frage, wodurch und in welchem Masse „der Kalte Krieg“ für die Machtkonsolidierung Francos und den Untergang der Guerrilla verantwortlich zeichnete, soll anhand der Synthese der internationalen Debatte um die „Spanienfrage“, der Widerstandspolitik der exilierten Republikanischen Parteien (und Fraktionen) und des effektiven innerspanischen Widerstands zu beantworten versucht werden.

 

Der erste Teil der Arbeit widmet sich einer interpretierenden Ereignisgeschichte der irregulären Republikanischen Truppenverbände von deren ersten Aktionen während des Bürgerkrieges 1937 bis zum Tode ihres letzten Exponenten 1965. Ein erster Fokus liegt auf der Entstehung der Guerrilla-Föderation Leon-Galizien, deren Gründung 1942 Modellcharakter für spätere Verbände hatte und den Anfangspunkt des aktiven Widerstands in der Nachkriegszeit bildete. Den zweiten zentralen Aufhänger bildet die „Invasion vom Valle de Arán“ vom Herbst 1944. Dieser gescheiterte Versuch einer 10’000 Mann starken Truppe mittels einer Invasion durch die Pyrenäen die Intervention der Alliierten zu provozieren und den Weltkrieg nach Spanien zu tragen bedeutete, obschon nicht von Erfolg gekrönt, den Beginn des koordinierten und flächendeckenden bewaffneten Widerstandes. Die dritte fokussierte Betrachtung gilt der AGLA, dem schlagkräftigsten kommunistischen Guerrillaverband. Eingegangen wird auch auf die dominierende Rolle der KP, die zwar resolut den Widerstand vorantrieb und in der französischen Résistance unbestrittene Bedeutung erreicht hatte, aber infolge der eigenen Vergangenheit im Bürgerkrieg und ihrer Treue zu Stalin auch als Hypothek für den demokratischen Widerstand aufzufassen ist.

 

Der zweite Teil widmet sich der Behandlung der „Spanienfrage“ in der UNO, dem politischen Widerstand der Exilrepublik in Mexiko und der Monarchisten in der Schweiz. Besonderes Augenmerk verdient hier die Absurdität der UNO-Beschlüsse vis-à-vis des Francoregimes: Ein Regimewechsel wurde durchaus unterstützt, allerdings unter der Bedingung, dass er „moderat“ sei und „gewaltfrei“ herbeigeführt würde, was, wenn man den totalitären Charakter des Regimes bedenkt, purer Zynismus war. Hier wird anhand des Wendepunktes, den die Truman-Doktrin darstellte, sichtbar, was die veränderte Konstellation nach 1947 im politischen Diskurs und bezüglich der demokratischen Perspektiven bedeutete. Der Rückruf der spanienbezogenen Resolutionen zeigte 1948 und 1950, dass Spanien nicht mehr als Verlierermacht des Zweiten Weltkriegs, sondern als vollwertiges Mitglied der Staatengemeinschaft und antikommunistische Bastion verstanden wurde.

 

Der dritte Teil synthetisiert Guerrilla und Globalpolitik. Die Bedeutung des „Kalten Krieges“ wird offensichtlich durch den Rückzug der Sozialisten aus dem Widerstand und ihrem Pakt mit den Monarchisten, was einer Spaltung der Verlierer des Bürgerkrieges in ein pro-britisch-amerikanisches – Sozialisten, Monarchisten und Republikaner – und ein prosowjetisches Lager (KP und Verbündete) gleichkam. Die Guerrilla wurde also nicht geschwächt, weil die USA Franco als „Wächter des Westens“ begrüssten, sondern weil ein Teil des Republikanischen Lagers die Situation in Spanien aufgrund veränderter Prämissen neu beurteilte und die politische Veränderung auf anderen Wegen suchte. Sogar Stalins Absage an die Guerrilla lässt sich durch den Kalten Krieg erklären: Er hatte die von Churchill definierten Einflusssphären akzeptiert.

 

Die Arbeit kommt zum Schluss, dass zwar der Beginn des „Kalten Krieges“ ein eminent wichtiger Faktor für den Untergang der Guerrilla und die Machtkonsolidierung Francos war, dass aber die Frage dieser globalpolitischen Kontextualisierung mehr eine Frage von Wahrnehmungsrastern und Situationsdefinitionen ist, denn eine Frage „real existenter Verhältnisse“. In diesem Sinne dekonstruiert die Arbeit sowohl die Idee, dass im Zweiten Weltkrieg die „Demokratie“ den „Faschismus“ besiegte, als auch die These Huntingtons, Konflikte des 20. Jahrhunderts wären Konflikte zwischen politischen Systemen, indem sie zeigt, wie besonders die britische und französische Politik vom etatistischen Paradigma determiniert waren.

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