Art der Arbeit
Masterarbeit
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Roberto
Zaugg
Institution
Historisches Seminar
Ort
Bern
Jahr
2019/2020
Abstract
Westafrika war vor der Ankunft der Europäer mit anderen Weltregionen verflochten, wobei sich diese Beziehungen bereits mehrere Jahrhunderte zuvor entwickelt hatten. Trans-saharische Handelsrouten verbanden das Mittelmeer mit dem Sahel, von wo Fluss- und Landrouten weiter nach Süden in die Regenwald-Region führten. Mit den iberischen Seefahrten im 15. Jahrhundert wurden auch die Küsten Westafrikas Kontaktzonen im Kontext neuer Handelsnetzwerke, die nach Europa und die Amerikas reichten.
In diesem Zusammenhang zirkulierten zwischen der Alten und der Neuen Welt nicht nur neue Konsumgüter, sondern auch bis dato unbekannte Tiere sowie Pflanzen, Ideen, religiöse Vorstellungen und auch Menschen, was die Welt massgeblich und dauerhaft veränderte. Die Rolle Westafrikas in der neu heranwachsenden Handelsinfrastruktur wurde in der Forschung meistens auf den Sklavenhandel beschränkt, doch kann und sollte ihre Geschichte nicht nur auf dieses düstere Kapitel reduziert werden. Westafrika exportierte verschiedene Waren und Kulturpflanzen mitsamt dem für ihre Etablierung in der Neuen Welt notwendigen Wissen. Im Gegenzug wurden europäische, asiatische wie auch amerikanische Güter nach Westafrika importiert, die einen nachhaltigen Einfluss hatten und zur Veränderung der Ökologie, des Geschmacks sowie des Konsumverhaltens führten.
Diese vorliegende Arbeit wurde im Rahmen des SNF-Sinergia Projekts «Foodways in West Africa: an integrated approach on pots, animals and plants» geschrieben. Dieses interdisziplinäre Projekt analysiert die Entwicklung der Landwirtschaft und kulinarische Praktiken in Senegal während der letzten zwei Jahrtausende. Die Masterarbeit untersucht in Auftrag des Projekts agrarwirtschaftliche Techniken, die Verbreitung von Nutzpflanzen, Viehzucht, Jagd und Fischerei, sowie Essgepflogenheiten, kulinarische Traditionen und rituelle Verwendungen von alkoholischen Getränken und domestizierten Tieren. Im Zentrum dieser Masterarbeit steht dabei die Frage, welchen Einfluss die atlantische Öffnung im 15. Jahrhundert und die damit in Verbindung stehenden neuen Nahrungsmittel auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse, die Tierhaltung und die Essgewohnheiten in Senegambien hatten. Um die Forschungsfrage beantworten zu können, wurden hauptsächlich edierte europäische Reiseberichte im Zeitraum zwischen ca. 1450 und 1700 untersucht, wobei vereinzelt auch arabische Quellen aus dem 11. bis 14. Jahrhundert beigezogen wurden. Obwohl die darin enthaltenen Informationen über Fauna, Flora, Handel, Religion, Gesellschaft, Trink- und Esssiten ihrer Zeit Stückwerk bleiben, erweisen sich die Berichte im Vergleich zu anderen Quellengattungen als lohnenswert.
Der erste Teil der Arbeit überblickt den Forschungsstand aus den Bereichen der Ernährungsgeschichte und des Columbian Exchange. Dieser bezeichnet die Verbreitung und Wechselwirkung von für die jeweiligen Kontinente zunächst neuartigen landwirtschaftlichen Waren wie auch Produkten der Flora und Fauna zwischen der Alten und der Neuen Welt. Bei Ersterem soll der konkrete Anspruch und Erkenntnisse dieser Forschungsrichtung, bei Letzterem die Interaktion und die Auswirkungen der neuen Kulturpflanzen innerhalb verschiedener Ökosysteme aufgezeigt werden. Des Weiteren wird auf den Quellenkorpus und die methodologischen Herausforderungen, die sich aus der Beschäftigung mit ihm ergeben, eingegangen. Der zweite Teil der Arbeit versteht sich als Darstellung des ökologischen, ethnolinguistischen und politischen Kontexts in Senegambien während des Untersuchungszeitraums sowie über die Transformationen, die durch den Atlantikhandel ab dem 15. Jahrhundert in Gang kamen. Der eigentliche Hauptteil zeigt in der Folge die konkreten Kontinuitäten, beziehungsweise die durch die atlantische Öffnung herbeigeführten Veränderungen in der senegambischen Landwirtschaft und Ernährung auf, indem die sprachlich vielfältigen Quellen parallel zueinander analysiert werden.
Einerseits werden die in den Quellen erwähnten Kulturpflanzen auf Ansässigkeit oder Neuheit hin analysiert, wobei ein Nebenfokus auf der Verwendung von Nutztieren als Nahrungslieferanten liegt; andererseits wird die anschliessende Verarbeitung pflanzlicher oder fleischlicher Produkte in der senegambischen Ernährungskultur angesprochen.