Die 31. Tagung der Wartburg-Gesellschaft findet in Zusammenarbeit mit der Universität Bern, dem Archäologischen Dienst des Kantons Bern, dem Schlossmuseum Spiez und dem Schweizerischen Burgenverein vom 1. bis 4. Mai 2025 im Tagungszentrum Hotel «Eden» in Spiez am Thunersee (Schweiz, Kanton Bern) statt. Die Tagung ist dem zentralen Symbol für Burgen und Schlösser gewidmet, den Haupttürmen von Adelsburgen.
Gemäß aktueller Forschung waren zwar gemauerte Saalbauten die erste Innovation der «Bauaufgabe Adelsburg», und erst um 1000 herum begann man mit der Errichtung hoher Türme. Aber erst damit wurde das bislang zivile Erscheinungsbild der Burgen nachhaltig verändert. Die Türme dominierten trutzig wehrhaft und repräsentativ das Aussehen der Burgen – und wurden gleichsam zu ihrem bildhaften Charakteristikum.
Dienten Türme in der Frühzeit meist als Hauptwohngebäude, so fand im 12. und 13. Jahrhundert eine Differenzierung statt. Auf vielen Burgen wurden hohe, schlanke Haupttürme errichtet, die aufgrund ihrer Grundrissmasse und der fehlenden Infrastruktur keinen adeligen Wohnzwecken dienten, aber, auf der Hauptangriffsseite und/oder am höchsten Punkt der Burg errichtet, den gewünschten wehrhaften Ausdruck der Burg und seiner Besitzer weithin sichtbar repräsentierten. Die Wohnung verlagerte sich in einen eigenständigen Steinbau in der Burg. Zu einem Nebeneinander von Wohnbau und Wohnturm kam es spätestens im 14. Jahrhundert, als letzterer ein Revival erlebte und bis ins 16. Jahrhundert hinein erneut zu einem Statussymbol wurde.
Viele Fragen rund um diese Türme sind nach wie vor ungeklärt. Wann und in welchen Regionen dominieren welche Grundrisse, welche Detailformen in der Gestaltung? Was waren die Funktionen dieser Türme – Wohn-, Wehr-, Symbolbau? Was kann man über Raumfunktionen aussagen? Warum diente auf vielen Burgen der Hauptturm eindeutig repräsentativen Wohnzwecken, und das, obwohl gleichzeitig ebenso repräsentative Steinbauten bestanden? Wie ist es zu verstehen, dass gewisse Burgen zwei oder mehr Bergfriede aufwiesen, während Türme anderswo fehlen? Weitere Besonderheiten, die diskutiert werden könnten, ist der Unterschied zwischen den meist größeren und repräsentativer ausgestatteten Donjons bzw. Keeps in Frankreich und England und den zeitgleichen Türmen im Reich. Ein weiteres Thema wären auch die Kastellburgen, bei denen meist einer der vier Ecktürme als Hauptturm ausgebaut war. Zu diskutieren wären auch Haupttürme, die nur mit einem einzigen Raum, einem Saal, ausgestattet waren, und die deshalb weder als Wohnturm noch als Bergfried bezeichnet werden können. Und wie kam es zum Revival der Wohntürme im Spätmittelalter und wie lange ist dieses Phänomen in welchen Regionen fassbar? Während die Diskussion in der aktuellen deutschsprachigen Burgenforschung vor allem auf Bergfriede fokussiert war, soll diese Tagung alle Haupttürme in den Blick nehmen – und dabei auch nur noch archäologisch nachweisbare und damit schwierig einzuordnende Turmreste nicht aussparen – sowie die Burgen westlich des Reichs einbeziehen.
Programm
Mittwoch, 30. April 2025
Anreise
19.00 Treffen im Restaurant Riviera by Elio an der Schifflände
Donnerstag, 1. Mai 2025
9.00 Guido von Büren, Armand Baeriswyl, Begrüssung und Einführung
Sektion Deutschland
9.30 Thomas Biller, Nicht nur die Zähringer! Bewohnbare Türme am und um den Oberrhein
10.00 Harald Wolter-von dem Knesebeck, Zu den spätmittelalterlichen Wandmalereien in Haupt-türmen von Burgen des Alpenraums
10.30 Kaffeepause
11.00 G. Ulrich Grossmann, Auf und Ab im Turm
11.30 Rudolf Martin, Stefan Uhl, Alt-Bodman – Wohnturm oder festes Haus mit integriertem Turm
12.00 Bertram Jenisch, Archäologische Zeugnisse der Ortsburg von Bad Krozingen – von der Niederungsburg zum Landeck’schen Schloss (12.–17. Jh.)
12.30 Anja Grebe, „ander prieff vnd zedel … de auch in dem turen gewesen sind“. Zur Frage von Archiv- und Sammlungstürmen auf Burgen
13.00 Mittagspause (individuell)
14.30 Ulrich Klein, Der Bergfried der Burg Idstein
Sektion Frankreich und Italien
15.00 Denis Hayot, La tour-maîtresse de Coucy : le dépassement d’un modèle royal
16.00 Führungen durch das Schloss Spiez
17.30 Empfang und Apéro
18.30 Festvortrag: Jean Mesqui, Der Hauptturm in all seinen Ausdrucksformen im französischen Raum
20.00 gemeinsames Abendessen im Restaurant Riviera by Elio (inbegriffen)
Freitag, 2. Mai 2025
9.00 Timm Radt, Bergfriede, Buckelquader und Donjons? – Hochmittelalterliche Turmbauten im Unteren Rhônetal
9.30 Klaus Tragbar, Kai Kappel, Der Turm in der staufischen domus Lagopesole. Bergfried oder Donjon, Mußeort oder Refugium?
Sektion Nordwesteuropa
10.00 Richard Oram, Great Towers in Late Medieval Scotland: Purposeful Statements of Identity, Status and Ambition
10.30 Kaffeepause
11.00 Gillian Scott, Tower Houses in Ireland
11.30 Taco Herrmans, Tower Houses in the Netherlands
Sektion Osteuropa
12.00 Uhr Przemyslaw Nocun, The 14th-century ducal tower in Siedlęcin – the result of two centuries of evolution of residential towers in Silesia
12.30 Gemeinsames Mittagessen im Hotel Eden (inbegriffen)
14.00 Jan Dienstbier, Die Innenausstattung der Haupttürme tschechischer Burgen
14.30 Christofer Herrmann, Wohntürme und Feste Häuser als architektonische Erscheinungen in Preußen und Livland
15.00 Jürgen Moravi, Haupttürme in der Steiermark und Kärnten. Ein Überblick
15.30 Kaffeepause
16.00 Patrick Schicht, Die Türme der Babenberger Herzöge in Österreich und der Steiermark
Sektion Schweiz
16.30 Jonathan Frey, Raumfunktionen in Berner Haupttürmen: Wege und Methoden der Baufor-schung
17.00 Tanja Kilzer, Von Burg Mauterndorf bis Festung Hohenwerfen. Die Türme der Burgen im Salzburger Land
17.30 Mitgliederversammlung der Wartburg-Gesellschaft (Gäste willkommen!)
Samstag, 3. Mai 2025
9.00 Abfahrt zur ganztägigen Exkursion vor dem Hotel Eden
Stadt und Schloss Thun, Schloss Oberhofen, Ruine und Kirche Ringgenberg, Ruine Weis-senau
18.00 Rückkehr zum Hotel Eden
Sonntag, 4. Mai 2025
9.00 Jakob Obrecht, Turm ist nicht gleich Turm! Unterschiedliche Funktionen von Burgtürmen. Einige Beispiele aus der Schweiz und Süddeutschland
9.30 Andreas Motschi, Die mittelalterlichen Wohntürme von Zürich
10.00 Arnaud Meilland, Le château de Saxon (Valais, Suisse) et sa magna turris aux XIIIe-XVe siècles: l’apport des comptes de châtellenies savoyardes
10.30 Kaffeepause
11.00 Iris Hutter, Das Holzmodell von Altenklingen
11.30 Peter Eggenberger, Burg Heidegg im Luzerner Seetal
12.00 Schlussdiskussion
13.00 Ende der Tagung
Kontakt
Armand Baeriswyl
Archäologischer Dienst des Kantons Bern Postfach
CH 3001 Bern
armand.baeriswyl@be.ch