Geflügelwirtschaft im Umbruch – Innovationen und Zucht in der Schweiz, 1920 – 1990. Eine Abhandlung über die Nutzungsgeschichte von Hühnern

AutorIn Name
Marina
Vega
Art der Arbeit
Masterarbeit
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Christian
Rohr
Institution
Historisches Institut
Ort
Bern
Jahr
2020/2021
Abstract
Die schweizerische Geflügelwirtschaft war im 20. Jahrhundert von unterschiedlichen Veränderungen geprägt. Die Masterarbeit versucht diese Thematik erstmals in einem grösseren Kontext zu analysieren und die Situation in der Schweiz mit der in anderen Ländern, für die diese Entwicklungen bereits besser aufgearbeitet sind, zu vergleichen. Mittels einer historischen Diskursanalyse, die auf Briefen und anderen zeitgenössischen Dokumenten der Akteur*innen, Zeitungsartikeln, Broschüren, wissenschaftlichen Abhandlungen sowie Fernsehsendungen beruht, werden die sich wandelnden Diskurse über die Hühnerzucht und -haltung einschliesslich der daran beteiligten Akteur*innen untersucht. Zu Beginn der 1920er Jahre war in der Regel die Bäuerin für das Kleinvieh – und schlussendlich auch für das finanzielle Einkommen daraus – zuständig. Männer hingegen dominierten die schweizerische Geflügelzucht. Die Stallungen glichen in dieser Zeit teilweise mehr einer «Bruchbude» als einem Hühnerstall, aber erfüllten für die damalige Hühnerhaltung ihren Zweck. Die inländischen Geflügelhalter hatten deshalb im betrachteten Zeitraum immer wieder mit Parasiten und problematischem Verhalten der Nutztiere zu kämpfen, wussten sich aber auch früh bei solchen Schwierigkeiten zu helfen. Die Isolation und die Eindämmung von Krankheiten durch Ausmerzaktionen halfen diesen Problemfeldern entgegenzuwirken. Der Erste Weltkrieg und die nachfolgende Wirtschaftskrise hemmten die Geflügelwirtschaft. Andere Entwicklungen standen im Vordergrund und die Hühner spielten in der Schweiz nur eine untergeordnete wirtschaftliche Rolle. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu Veränderungen, die die traditionelle Geflügelhaltung revolutionierten. Der Schweizerische Geflügelzuchtverband sowie der Verband schweizerischer Eierverwertungsgenossenschaften waren zentrale Akteure bei der Förderung der Geflügelwirtschaft in der Schweiz, vor allem ab den 1950er Jahren. Die Schweizerische Geflügelzuchtschule führte auf dem Gebiet der Forschung und Ausbildung der Geflügelhaltung auf ein neues Niveau. Die Stallungen wurden grösser, modernisiert und mit der Zeit automatisiert. Computer steuerten agrarindustrielle Abläufe in den Stallungen am Ende dieses Entwicklungsschrittes. Nebst den technischen Erneuerungen, wozu auch die Futterlehre und Futterzusätze gehörten, kamen weitere Faktoren hinzu. Der Detailhandel hatte ein Interesse daran, die Absatzmärkte auf dem Geflügelmarkt zu vergrössern. Hybridrassen verdrängten langsam die einheimischen Hühnerrassen. Das Resultat war eine Abhängigkeit der Landwirt*innen von den Zuchtfirmen. Eine Nebenfolge der Massenhühnerhaltung war die Zunahme von Krankheiten, welche mit Medikamenten zu unterdrücken versucht wurden. Die Beseitigung der Kotabfälle von solch vielen Tieren auf engem Raum wurde zu einer neuen Herausforderung. Der Vorteil der neuen Haltungsmöglichkeiten war, dass das Huhn entweder als Legehenne gehalten werden konnte oder der Mastbetrieb im Vordergrund stand. Die Massentierhaltung nahm in der Schweiz ab den 1960er Jahren zu. Bis Anfang der 1970er Jahre war ein Höhepunkt der Massentierhaltung in der Schweiz erreicht. Die «industrielle» Geflügelwirtschaft konnte sich in der Schweiz teilweise etablieren. Jedoch waren nicht alle landwirtschaftlichen Akteur*innen in gleicher Weise involviert. Bei all den Erneuerungen in den Bereichen der Zucht, der Fütterung und der Stallungen halfen die Agrarschuleinrichtungen die Ausbildung der Geflügelfachmänner und Geflügelfachfrauen zu vertiefen. Ab etwa 1970 begann ein Umbruch auf gesellschaftlicher – und in der Folge auch auf politischer – Ebene. Dieser Wandel betraf eine veränderte Sichtweise auf das «Tierwohl» und das Verständnis der Mensch-Nutztiere-Beziehungen. Ein globalisierter vernetzter Wissenstransfer unter den Ländern, mit den USA als Vorbild, liess eine Entwicklung in äusserst kurzer Zeit und in mehrere Richtungen zu. Die Politik war von der öffentlichen Meinung unter Druck geraten und verbannte die Legebatterien-Haltung aus der Schweiz. Bereits 1981 lagen die Unterlagen bereit. Die Umsetzung dauerte über zehn Jahre. Dies zeigt die Kräfteverhältnisse, welche hinter der Geflügelwirtschaft standen. Nicht alle Konsument*innen in der Schweiz waren freilich willens, auf die billigen Importprodukte aus dem europäischen Raum, die aus Legebatterie- Haltung stammten, zu verzichten. Dies zu verlangen, so die damalige Argumentation, würde die moralischen Vorstellungen von einem demokratischen Staat untergraben. So wurde in einem ersten Schritt zunächst die Transparenz für die Konsument*innen hinsichtlich der Produktionsweise der Eier und des Geflügelfleisches erhöht, bis schliesslich strengere Vorschriften für die in der Schweiz verkauften Geflügelprodukte in Kraft treten konnten.

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