Art der Arbeit
Masterarbeit
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Svenja
Goltermann
Institution
Neuzeit
Ort
Zürich
Jahr
2014/2015
Abstract
1880 trat im Kanton Zug das Gesetz über das Armenwesen in Kraft. Seit diesem Gesetzeserlass war es analog zu anderen Kantonen nun auch in Zug möglich, "liederliche" und "arbeitsscheue" Personen, die der "Fürsorge zur Last fielen", bis zu zwei Jahren in eine Arbeitserziehungsanstalt einzuweisen. Die Zwangsinternierung dieser mündigen, nicht straffälligen, armengenössigen Personen erfolgte per Regierungsratsbeschluss auf Antrag des Bürgerrates, wobei sich die Praxis oft im Widerspruch zum Grundsatz der Rechtssicherheit bewegte. Seit den 1920er Jahren löste sich dieses ursprünglich armenpolitische Instrument der administrativen Anstaltsversorgung zusehends aus dem Kontext des Armenwesens und wurde auf komplexe Weise mit strafrechtlichen Regelungsbereichen verknüpft: Während nämlich der Aspekt der Armengenössigkeit in den Hintergrund rückte, wurde der Präventionsgedanke massgebend. Dieser dominierte auch das 1930 erlassene zugerische Gesetz zur Versorgung von Jugendlichen und Verwahrlosten, das den Behörden einen breiteren und restriktiveren Zugriff auf die Bevölkerung ermöglichte. Versorgungen aufgrund dieses Gesetztes fanden in Zug bis in die 1950er Jahre statt.
Ausgehend von einer kulturgeschichtlichen Perspektive, die Recht als Resultat gesellschaftlicher Prozesse und Devianz als Ergebnis eines Zuschreibungsprozesses versteht, soll in der Studie untersucht werden, wie Konzeption und Praxis der administrativen Anstaltsversorgung im Kanton Zug ausgestaltet waren. Mittels Analyse der kantonsrätlichen Debatten vor den jeweiligen Gesetzeseinführungen wird herausgearbeitet, was die Legitimation und Zielsetzung der Praxis war und ob sich diese im Laufe der Zeit veränderte. Ausgehend davon sollen Rückschlüsse auf gesellschaftliche Kontexte und zeitgenössische Denknormen gezogen werden. Beispielsweise wird untersucht, welche Wert-, Norm-, und Ordnungsvorstellungen der Legitimation der administrativen Anstaltsversorgung in Zug zugrunde lagen und von welchen sozialen Kräften diese geformt und mitgetragen wurden. Weiter wird gefragt, wie die zugerische administrative Anstaltsversorgung konkret ausgestaltet war. Hier soll die Analyse von Personendossiers und Rekonstruktion von Einzelfällen erhellen, wie die Zuschreibungsprozesse von Devianz funktionierten und wie das Geflecht von Instanzen, das die Anstaltsversorgung verursachte, ausgestaltet war. Weiter sollen Akteure und deren Handlungsspielräume sowie die Prozessabläufe zwischen denselben herausgearbeitet werden.