Art der Arbeit
Dissertation
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Philippe
Sarasin
Institution
Neuzeit
Ort
Zürich
Jahr
2014/2015
Abstract
Mein Forschungsprojekt möchte einen Wandel des Dingwissens anhand eines Museumswandels untersuchen – und so eine Verbindung zwischen dem material turn und Museumsausstellungen herstellen. Während das Museum in den 1970er bis 1990er Jahren „die am stärksten expandierende kulturelle Institution im nordatlantischen Kulturkreis“ war (Treinen 2007, 33), ist der material turn wohl einer der derzeit am extensivsten zitierten Turns der Kulturwissenschaften. Das Museum ist als „Haus der Dinge“ (Thiemeyer 2010, 147) ein herausragender Aushandlungsort des gesellschaftlich zugänglichen Dingwissens, da gerade die Ausstellung von Sammlungsobjekten und die dort vollführte Kontextualisierung von materieller Kultur das Explizieren gängiger Vorstellungen von den Fähigkeiten und Potenzen der Dinge zulässt und benötigt.
Meine leitende Fragestellung ist: Wie hängen Objekt, Dingwissen und museale Präsentationästhetik in einer jeweiligen historischen Situation zusammen? Da Museumsgeschichte zu grossen Teilen nicht auf der Ebene von Theorien und Konzepten spielt, sondern ihren Niederschlag in Ausstellungen findet, ist es geboten, nicht nur Texte über das Museum zu lesen, sondern historische Museumsausstellungen zu untersuchen und das gesamte Netz von Museumsmachenden, ausgestellten Objekten, Besuchenden, Räumlichkeiten und politisch-sozialen Rahmenbedingungen zu beschreiben (Latour 2007; Wieser 2012). Ausgehend von einer Diskursgeschichte zu Museumskonzeptionen seit den 1960er Jahren, in denen das Museum als verstaubter, unbedingt reformbedürftiger Ort in einer Notlage galt, möchte ich folglich in diesem Projekt den Wandel der Präsentationsästhetiken, von Vitrinen, über Texttapetenausstellungen, hin zu Inszenierungen und Szenografien anhand dreier Museen (Historisches Museum Frankfurt, Musée d’ethnographie de Neuchâtel, Werkbundarchiv Berlin) behandeln. Dazu sollen die zu dieser Zeit diskutierten Objekttheorien in Bezug gesetzt werden. Die Fragestellung zielt dabei weniger auf die Entdeckung eines für alle Museen oder gar gesamtgesellschaft-lich repräsentativen Dingwissens, als auf bestimmte Möglichkeiten des Denk- und Machbaren, die in einer spezifischen Situation und an einem bestimmten Museum erscheinen und so neue epistemische und ontologische Räume des Dingbezugs eröffnen.
Meine These ist, dass sich auf diese Weise das Ding und seine kulturwissenschaftliche Renaissance in den letzten Jahrzehnten historisieren lassen.