Art der Arbeit
Masterarbeit
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Sacha
Zala
Institution
Historisches Institut
Ort
Bern
Jahr
2020/2021
Abstract
Während des Ersten Weltkriegs vertraten neutrale Staaten die Interessen der kriegsführenden Staaten in einem Drittstaat, wobei Spanien, die Schweiz und die Niederlande ab Februar 1917 zusammen über 86% aller Schutzmachtmandate weltweit innehatten. Während Spanien und die Niederlande mehrheitlich die Interessen von Staaten der Ententemächte in Staaten der Zentralmächte vertraten, vertrat die Schweiz diejenigen der Zentralmächte in Staaten der Ententemächte.
Es liegt auf der Hand, dass die Schweiz auf diplomatischer Ebene global stark verstrickt war. Die Bundesverwaltungsgeschichte, die schweizerische Diplomatiegeschichte und die Schutzmachttätigkeit der Schweiz gelten als Themen, die nach wie vor in wissenschaftlichen Darstellungen marginal behandelt werden, dies gilt insbesondere für die Phase der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Die vorliegende Arbeit widmet sich daher dieser Forschungslücke und geht drei Hauptfragen nach. Erstens: Wie wurde die Dienstleistung der Schutzmachttätigkeit in die Bundesverwaltung integriert? Zweitens: Inwiefern änderten sich die Tätigkeiten der Schutzmachttätigkeit im Laufe des Ersten Weltkriegs? Und drittens: Wie wurde diese Dienstleistung überhaupt finanziert, wo doch die Ausgaben dieser Dienstleistung nicht in der Eidgenössischen Staatsrechnung figurierten?
Die vorliegende Arbeit stützt sich weitgehend auf die unveröffentlichten Akten der Abteilung für Vertretung fremder Interessen und Internierung (AFI), welche im Schweizerischen Bundesarchiv abgelegt sind und bisher kaum fin der Forschung verwendet wurden. Um darzulegen, inwiefern der diplomatische Verwaltungsapparat unter einem akuten Personalmangel stand, wurden insbesondere auch die Personaldossiers der jeweiligen Mitarbeitenden des Eidg. Politischen Departements (EPD) zur Untersuchung herangezogen. Sie erlauben aufzuzeigen, dass diese Mitarbeitenden nur wegen der Schutzmachttätigkeit der Schweiz angestellt wurden. Das EPD als Arbeitsgeber war ausschliesslich für einen sehr limitierten Kreis der Bevölkerung zugänglich. Einstiegsmöglichkeiten in diplomatische Karrieren waren kaum vorhanden. Dies änderte sich im Laufe des Ersten Weltkriegs als die Schweiz immer mehr Schutzmachtmandate übernahm und somit die Nachfrage nach neuem Personal wuchs.
Was die innenpolitische Ebene betrifft: Zwischen 1914 und 1917 wurde das EPD von Arthur Hoffmann geleitet, der vor allem dafür bekannt war, das Departement mit möglichst wenig Beteiligung der übrigen Bundesräte zu führen. Hoffmanns Demission im Jahr 1917, welche eine Zäsur im diplomatischen Verwaltungsapparat der Schweiz markierte, führte zu weitreichenden Änderungen im Aussenministerium: Unter Gustave Ador, dem Nachfolger Hoffmanns, änderte sich die Arbeitsweise des EPD. Das Departement wurde transparenter geführt und es wurden klare organisatorische Strukturen geschaffen: Die Geschäfte zwischen der schweizerischen Diplomatie und der Wahrung fremder Interessen wurden organisatorisch getrennt, was zur Errichtung der AFI führte, welche ihre Tätigkeit ab dem 1. November 1917 aufnahm. Da hatte die Schweiz bereits 21 Schutzmachtmandate übernommen, darunter einige anspruchsvolle, etwa diejenige der deutschen Interessen in Frankreich, Grossbritannien oder in den USA.
Es stellt sich deshalb die Frage, weshalb die deutsche Regierung gerade die Schweiz und nicht Spanien oder die Niederlande vorzog. Einen anderen Schwerpunkt sind die finanziellen Aspekte der AFI: Diese neu errichtete Abteilung konnte nur entstehen, wenn eine Finanzierung gesichert war. Der Bundesrat leistete oftmals einen finanziellen Vorschub, um die laufenden Kosten zu decken, damit der diplomatische Verwaltungsapparat seine Aufgaben erfüllen konnte. Die Deckung dieser Ausgaben wurde nachträglich von den schutzmachtantragstellenden Staaten zwar übernommen, jedoch reichte dies nur aus, um einen Teil der laufenden Ausgaben zu bezahlen. Lange Zeit gingen die Bundesbehörden davon aus, dass die Gehälter der neu eingestellten Mitarbeitenden auch fremdfinanziert würden. Erst gegen 1919 musste der Bundesrat die Frage beantworten, ob diese Unkosten von der Schweiz selbst getragen werden sollten oder ob er den schutzmachtauftragsstellenden Staaten eine Rechnung zustellen dürfe.