Der Ölpreisschock und die Schuldenkrise der Dritten Welt. Der Einfluss des Petrodollar Recyclings auf die Aussenverschuldung der Entwicklungsländer

AutorIn Name
Michael
Da Costa
Art der Arbeit
Lizentiatsarbeit
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Christian
Pfister
Institution
Historisches Institut
Ort
Bern
Jahr
2004/2005
Abstract

Im Zuge der ersten grossen Ölpreiskrise von 1973 stiegen die Richtpreise für Rohöl innert kürzester Zeit um 400%, wodurch die Mitgliedsländer der OPEC (Organisation of Petroleum Exporting Countries) 1974 schlagartig zu massiven Mehreinnahmen kamen. Da die bevölkerungsarmen Ölförderstaaten der arabischen Halbinsel die so genannten Petrodollars nicht zur Gänze im Inland investieren konnten, transferierten die dortigen Regierungen Milliardenbeträge an die internationalen Finanzmärkte, wo die Gelder von westlichen Grossbanken verwaltet wurden. Um die Petrodollars gewinnbringend anlegen zu können, wurden sie von den Banken als langfristige Kredite an die aufstrebenden Länder der Dritten Welt weitervergeben. Auf diese Weise sollen insbesondere die Schwellenländer Lateinamerikas im Verlauf der 1970er Jahre einen enormen Schuldenberg angehäuft haben, was 1982 zum Ausbruch der Schuldenkrise in der Dritten Welt führte.

 

In der Arbeit wird gezeigt, dass die eben geschilderte „Recycling-These“, wonach die Schuldenkrise hauptsächlich auf die Ölpreiserhöhungen zurückzuführen ist, den komplexen internationalen Finanz- und Wirtschaftsbeziehungen nicht gerecht wird, da sie den Einfluss des Petrodollar-Recyclings auf die Verschuldung der Dritten Welt stark überzeichnet. Daher werden im zweiten Teil der Arbeit die bestimmenden Faktoren bei der Verschuldung der Entwicklungsländer in den 1970er Jahren dargestellt.

 

Aufgrund immer härter werdender Konkurrenzbedingungen im internationalen Kreditgeschäft waren transnationale Geschäftsbanken schon zu Beginn der 1970er Jahre dazu übergegangen, immer höhere Kredite an Schwellenländer in Lateinamerika und Ostasien zu vergeben. Die 1971 erfolgte Entkoppelung des Dollars vom Gold und der damit verbundene Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems hatten dazu geführt, dass zwischenstaatliche Zahlungsbilanzdefizite nicht mehr ausgeglichen, sondern mit Privatkrediten finanziert werden konnten. Die überschüssigen Ölgelder, die ab 1974 ins internationale Finanzsystem geschleust wurden, waren nur ein Faktor unter mehreren, welche in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre zu einer weltweiten „Überliquidität“ an Finanzmitteln führten, was eine gesteigerte Kreditvergabe an Schwellenländer zur Folge hatte.

 

Verheerend wirkte sich bei dieser Entwicklung aus, dass die langfristigen Kredite mehrheitlich zu variablen Zinssätzen vergeben worden waren. Als die amerikanische Notenbank im Oktober 1979 schlagartig die Leitzinsen erhöhte, schossen die internationalen Zinsraten nach oben, was als Zinsschock von 1979 in die Weltwirtschaftsgeschichte eingehen sollte. Praktisch über Nacht wurden die Zinszahlungen zu einer erdrückenden finanziellen Last für die hochverschuldeten Länder der Dritten Welt. Als die Grossbanken sich dieser Tatsache bewusst wurden, zogen sie sich mehr und mehr aus dem Kreditgeschäft mit den Schuldnerländern zurück, was 1982 schliesslich zur Zahlungsunfähigkeit einer Reihe bedeutender Länder der Dritten Welt führte.

 

Die Literaturarbeit basiert auf der systematischen Auswertung von zwei zeitgenössischen Fachzeitschriften, auf zahlreichen Werken und dem Weltentwicklungsbericht der Weltbank von 1981. Anhand der verwendeten Publikationen konnte nachgewiesen werden, dass die bei den Banken angelegten Leistungsbilanzüberschüsse der OPEC-Staaten 1974 zwar enorm angestiegen, ab 1975 aber bereits wieder rückläufig und bis 1978 völlig zusammengeschmolzen waren. Auf der anderen Seite hatten die transnationalen Geschäftsbanken die Kreditvergabe an die Entwicklungsländer in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre kontinuierlich gesteigert, wobei von 1977 bis 1978 sogar eine Verdoppelung der Kreditvergabe erfolgt war. Diese ungleiche Entwicklung der OPEC-Einlagen einerseits und der Kreditvergabe andererseits legte den Schluss nahe, dass das Petrodollar-Recycling nicht der bestimmende Faktor des Verschuldungsprozesses sein konnte. In der Arbeit wird daher ausführlich dargelegt, dass die Schuldenkrise der Dritten Welt in erster Linie auf die Intensivierung des internationalen Kreditgeschäfts in den siebziger Jahren und den Zinsschock von 1979 zurückzuführen ist.

Zugang zur Arbeit

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