Diese Arbeit beschäftigt sich mit den rechtlichen und medizinischen Diskursen rund um die Jugendsexualität und dem Schutzalter in der eidgenössischen Kommission für die Revision des Strafgesetzbuches, der «Kommission Schultz» (1971-1977). Im Kontext der «sexuellen Revolution», des umfassenden Wertewandels in Bezug auf die Sexualität, hatte sich die Kommission zum Ziel gesetzt, das Sexualstrafrecht an die neuen Vorstellungen anzupassen, und «die Prüderie der letzten Jahrhunderte» hinter sich zu lassen. Inspiriert vom Alternativ-Entwurf, mit dem es auch personelle Überschneidungen gab, verfolgte die Kommission insbesondere eine Liberalisierung der Schutzalterregelung. Dies wurde mit den Diskursen der «Provokation» und der Akzeleration begründet, und war stark durch geschlechterhierarchische Vorstellungen geprägt. Die «frühreifen» Mädchen wurden dabei oft als Mitschuldige am Delikt verstanden, was in der Folge bedeutete, dass auch die männlichen Täter vor einem überbordenden Strafrecht geschützt werden sollten. Dazu kamen neue, meist auf den Kinsey-Reports beruhende medizinische und psychiatrische Argumente, die die Schädlichkeit sexueller Handlungen in Kindheit und Jugend infrage stellten. Empirisch kaum belegt, wurden diese grösstenteils kritiklos übernommen und führten sogar zu der Frage, ob das Schutzalter abzuschaffen sei. Letztlich setzten sich vorsichtigere Stimmen durch, die eine Herabsetzung des Schutzalters auf 14 Jahre vorschlugen, eine Änderung, die in der Vernehmlassung jedoch abgelehnt wurde. Dennoch etablierte sich die Grundauffassung der Kommission, die individuelle Entscheidungsfreiheit über den Schutz traditioneller Sittlichkeitsnormen zu stellen. Die Kommission Schultz kann daher in der Tat als ein Hauptakteur der «sexuellen Revolution» in der Schweiz betrachtet werden.