Aufstieg und Niedergang der Oekonomischen Gesellschaft Bern 1759-1797. Tätigkeitsprofil und Innenperspektive

AutorIn Name
Daniel
Salzmann
Art der Arbeit
Lizentiatsarbeit
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Christian
Pfister
Institution
Historisches Institut
Ort
Bern
Jahr
2005/2006
Abstract

Die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts europaweit gegründeten ökonomisch-patriotischen Gesellschaften dienten als institutionelle Gefässe für die Produktion „nützlichen Wissens“ im Hinblick auf Reformen in Wirtschaft und Gesellschaft. Die Oekonomische Gesellschaft in Bern (OeG) gehörte unter ihnen zu den Vorreitern. Die Lizentiatsarbeit verfolgt die Tätigkeit und die Entwicklung der OeG in den Jahren 1759 bis 1797. 

 

Im ersten Teil wird die Aktivität der OeG über die Jahre hinweg hauptsächlich mittels serieller Daten gemessen, die konsequent graphisch umgesetzt werden. So wird es möglich, der zeitgenössischen Wahrnehmung gewissermassen eine „Rekonstruktion“ der Aktivität an die Seite zu stellen. Auf der Basis der Versammlungsprotokolle, den Publikationen der OeG und ihrer Jahresrechnungen, die als Quelle bislang unbeachtet geblieben sind, werden einzelne Datenreihen zu den Mitgliederzahlen, zum Vermögen, zur Häufigkeit der Versammlungen, zum Umfang der Korrespondenz und der Publikationen, zu den von der OeG ausgeschriebenen Preisfragen und Prämien u.a.m. gebildet. Diese quantitativen Befunde werden, wo immer möglich, um qualitative Aspekte und Hinweise zu bestimmten Inhalten und Personen ergänzt. Schliesslich wird die Zusammenfassung der Datenreihen in eine Aktivitätskurve diskutiert. Auf diesem Weg kann der bekannte Rückgang der Aktivität der Gesellschaft in ein neues, helleres Licht gestellt werden. Es wird deutlich, dass die Aktivität der OeG in den frühen 1760er Jahren später im 18. Jahrhundert nie mehr auch nur annähernd erreicht wurde. Es zeigt sich das Bild eines anhaltenden Niedergangs mit zwei Aufschwungphasen Ende der 1770er Jahre und einer zweiten in den 1790er Jahren. Auch veränderte sich über die Jahre hinweg das Tätigkeitsmuster der OeG.

 

Im zweiten Teil wird untersucht, wie die OeG selbst ihre Aktivität wahrnahm, welche Gründe sie dafür namhaft machte und wie sie darauf reagierte. Erstens wird die interne Diskussion an den Versammlungen der Gesellschaft nachgezeichnet. In den Jahren 1775/1776, 1786 und 1791 analysierte die OeG intern ihren Zustand und entwickelte Vorschläge für eine Steigerung der Aktivität. Wenn die „Rekonstruktion“ aus dem ersten Teil und die Selbstwahrnehmung aufeinander bezogen werden, lässt sich feststellen, dass sich die OeG an rekonstruktiv feststellbaren Tiefpunkten ihrer Aktivität über sich selbst Gedanken machte. Mitte der 1770er Jahre gelang eine beachtliche Reaktivierung, während spätere Bemühungen weitgehend erfolglos blieben. Zweitens wird die diesbezügliche Selbstdarstellung in ihren Publikationen in den Blick genommen. Es fällt auf, dass sich die OeG in den frühen 1760er Jahren über die rege Mitarbeit freute, sich seit 1767 hingegen mehr Unterstützung wünschte. In den ersten Jahren konnte sie sich ein gewisses Understatement leisten, während in den 1790er Jahren die Neigung feststellbar ist, die eigene Tätigkeit etwas grösser darzustellen, als sie tatsächlich war. Als Gründe für den Rückgang ihrer Aktivität führte die OeG in erster Linie an, ihr Haupttätigkeitsfeld, die Landwirtschaft, sei zu einem guten Teil erschöpft und ihre Mitglieder seien nicht mehr so aktiv wie in den ersten Jahren.

 

Im dritten Teil werden mögliche Erklärungen für den Rückgang der Aktivität erörtert. Gegenüber der älteren Literatur ist die Bedeutung der Massregelung der OeG durch die bernische Regierung im Jahr 1766 zu relativieren; die OeG hatte zu diesem Zeitpunkt ihren Zenit bereits überschritten. Als wichtigster Grund für den Rückgang ist das veränderte wissenschaftliche und gesellschaftliche Umfeld zu nennen, in dem das Hauptthema der OeG, die Agrarökonomie, bald an Bedeutung verlor. So war mit dem Engagement für derartige Fragen nicht mehr gleichermassen Ehre zu gewinnen. Das mag mit ein Grund für die Probleme bei der Besetzung der Chargen und der Kommission gewesen sein, so konnten etwa die hervorragenden Kräfte der ersten Zeit auf dem wichtigen Sekretärsposten nicht adäquat ersetzt werden. Der OeG gelang es in der Folge nicht, die Berner Vertreter der neuen Modedisziplin Naturgeschichte in ihre Gesellschaft einzubinden – diese gründeten 1786 die Naturforschende Gesellschaft. Und als 1764 treibende Mitglieder der OeG in den Grossen Rat gewählt wurden, konnten sie von da an selbst auf die Staatsgeschäfte Einfluss nehmen, sodass sich patriotisch-ökonomische Aktivität von der OeG weg in die staatlichen Institutionen verlagerte. Dass die Gesellschaft angesichts der diversen Schwierigkeiten überhaupt überlebte, hat sie vor allem der Treue der Gründergeneration zu verdanken.

 

Die Arbeit wird in der Reihe „Berner Forschungen zur Regionalgeschichte“ vom Verlag Traugott Bautz publiziert (www.bautz.de).

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