„Gooks“. Feinddarstellungen in US-amerikanischen Feldpostbriefen aus dem Vietnamkrieg (1964-1975)

AutorIn Name
Marcel
Berni
Art der Arbeit
Masterarbeit
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Christian
Gerlach
Institution
Historisches Institut
Ort
Bern
Jahr
2013/2014
Abstract
Wie dachten US-amerikanische Soldaten in Amerikas längstem Krieg über ihren Feind? Wie schätzten sie diesen im Kontakt mit ihren Angehörigen ein? Lassen sich zeitliche Unterschiede bezüglich der soldatischen Feinddarstellungen feststellen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Masterarbeit, deren Quellenkorpus aus 509 Feldpostbriefen besteht, geschrieben von verschiedenen GIs aus den unterschiedlichsten sozialen Schichten. Auf diese Weise können Feinddarstellungen über Zeit, Rang, Funktion und Einsatzgebiet hinweg studiert und miteinander verglichen werden. Viele dieser Einschätzungen entstanden im Anschluss an Feindkontakte, nach Scharmützeln, Gefechten oder Kämpfen. So stellen sie einen Teil der Kriegswahrnehmung unddeutung dar, welche durch diese Quellenbasis auch aus der Perspektive unterer Ränge erzählt werden kann. Die drei soldatischen Erlebnisphasen „Amerikanisierung“ (November 1955 - 29. Januar 1968), „Post Tet-Offensive“ (30. Januar 1968 - 30. Januar 1969) sowie „Vietnamisierung“ (31. Januar 1969 - 30. April 1975) bilden das analytische Konstrukt, durch welches die Fragestellung in quantitativer und qualitativer Vorgehensweise untersucht wird. Nach allgemeinen Überlegungen zu Feldpostbriefen als historische Quelle und der Quellenkritik wird der Referenzrahmen der dienenden amerikanischen Soldaten erläutert, durch welchen diese den Feind sahen. Sofern der Gegner wahrgenommen wurde, wurde dessen sprachliche Darstellung von den unterschiedlichsten Faktoren beeinflusst. Ressourcen wie Briefpapier und Schreibwerkzeug, die Beziehung zum Adressaten, die individuelle Kriegskontext sowie die konkrete Situation wirkten sich in unterschiedlicher Weise auf die sprachliche Darstellung des Feindes aus. Besonders der gegnerische Grossangriff während der Tet-Offensive Ende Januar 1968 beeindruckte viele Amerikaner. Obwohl dieser Angriff in militärischer Hinsicht für den Vietcong und die Nordvietnamesische Armee alles andere als er- folgreich war, war der Dschungelkrieg für die Mehrheit der in Vietnam stationierten Amerikaner im Anschluss nicht mehr zu gewinnen. In der Periode der Post-Tet-Offensive dominierte ein Feindbild, das den Gegner respektierte und diesen als Angst einflössenden Widersacher darstellte, der überall und jederzeit zuzuschlagen drohte. Besonders während der Vietnamisierung machte sich unter vielen Amerikanern Ernüchterung und Frustration über den als unsichtbar dargestellten Gegner breit. Je länger der Krieg dauerte, desto mehr verschwamm auch die Abgrenzung zwischen Gegner und Zivil. „A Vietnamese remains a ‘gook’ no matter whose side he's on.” Specialist 4 John R. Riggan stufte am 7. Januar 1969 explizit alle Vietnamesen als Feinde ein. Ähnlich dachten viele seiner Dienstkameraden. Der Begriff „Gook“ war im Vietnamkrieg nicht mehr, wie noch in früheren Kriegen, für den Feind reserviert, sondern er wurde für alles Fremde und Bedrohliche verwendet. Aufgrund der gemachten Erkenntnisse in Bezug auf Feinddarstellungen amerikanischer Soldaten kann die Vermutung nahe gelegt werden, dass sich auch die Feindwahrnehmung zeitlich veränderte und nicht einfach als statisch dargestellt werden sollte. Ein solches Konzept fehlt in der Forschung zur Feindwahrnehmung amerikanischer Soldaten im Vietnamkrieg (noch).

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