Art der Arbeit
Masterarbeit
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Christian
Rohr
Institution
Historisches Institut
Ort
Bern
Jahr
2018/2019
Abstract
Der Winter 1916/17 traf die Bevölkerung Tirols und Trentinos besonders hart. Nicht nur tobte in diesem Gebiet der Erste Weltkrieg und brachte viele Entbehrungen, sondern es sollte auch noch ein aussergewöhnlicher Winter hinzukommen. Zahlreiche Lawinen sorgten für massive Zerstörung und forderten viele Opfer; aussergewöhnliche Schneemassen behinderten Verkehr und Wirtschaft und verursachten grosses Leid, das durch die Auswirkungen des Krieges, z.B. durch den Mangel an Arbeitskräften, noch verstärkt wurde. Schliesslich kamen gegen Ende des Winters auch noch weitere Probleme auf die Bevölkerung zu, denn nun führten die geschmolzenen Schneemassen zu Muren und Überschwemmungen und damit zu zusätzlichen Zerstörungen.
Die vorliegende Masterarbeit nimmt sich der Situation im Winter 1916/17 in Tirol und Trentino an und versucht, sie durch eine interdisziplinäre Herangehensweise breit auszuleuchten. Der äusserst lawinenreiche Winter wird anhand von Berichten in Zeitungen und Zeitschriften nachgezeichnet und verortet, wobei der Fokus auf dem Hinterland, also den Gebieten abseits der Front, liegt. Die Verwendung meteorologischer Daten trägt zur interdisziplinären Vorgehensweise der Arbeit bei. Thematisch stehen die Lawinen im Zentrum, da gerade diese grosse Sach- und Personenschäden verursachten. Jene Schäden fanden im Dezember 1916 ihren Höhepunkt, als der Recherche zufolge in diesem Monat allein 74 Personen durch Lawinen ums Leben kamen. Über den ganzen Winter wuchs diese Zahl auf 101 Todesopfer. Diese Verstorbenen bilden insgesamt „nur“ die Spitze des Eisbergs; daneben verursachten die Lawinen auch zahlreiche Schäden an Tieren und Gebäuden, so dass nicht nur das Leben der Betroffenen auf dem Spiel stand, sondern auch ihre ganze Existenz. Das gesamte Ausmass ist dabei schwierig zu erfassen, zumal Langzeitfolgen kaum in adäquater Weise wiedergegeben werden können. Die Arbeit versucht jedoch, einen erweiterten Überblick über die Thematik zu geben, wobei die einzelnen Lawinenereignisse katalogisiert und schliesslich kartografisch verortet werden. Dabei werden auch die entstandenen Schäden protokolliert und in kategorisierter Form aufbereitet, was wiederum Eingang in die Karten findet.
In ähnlicher Weise wird auch mit den übrigen Naturprozessen verfahren, da in diesem Winter nicht nur die Lawinen selbst der Bevölkerung arg zusetzten. Für Probleme bei Verkehr und Wirtschaft sorgten in Teilen der heutigen Gebiete Süd- und Osttirols die grossen Schneemassen. Denn als diese im Verlauf des Jahres schmolzen, brachten sie Muren und Überschwemmungen mit sich. Wie bei den Lawinen, werden in der Arbeit auch die Ereignisse und Schäden dieser Naturereignisse dokumentiert. Gerade die Schneemengen können mittels meteorologischer Messungen nachgezeichnet werden. Jene dienen schliesslich auch der Ursachenforschung, wobei mitunter gezeigt wird, dass einige Regionen besonders vom harten Winter betroffen waren.
In einem letzten Block werden schliesslich die sozialen Auswirkungen auf die Bevölkerung, welche sich gleichzeitig im Krieg befand, beleuchtet. Dabei kann unter anderem gezeigt werden, wie Hilfeleistungen organisiert und durchgeführt wurden. Schliesslich wird auch dem Krieg wird Rechnung getragen. Jener wird allerdings nicht direkt behandelt, sondern tritt nur durch seine Auswirkungen in Erscheinung. So verursachte der Krieg in Tirol und im Trentino viele Mängel. Der gravierendste war dabei der Mangel an Arbeitskräften, in den Quellen oft auch als Männermangel betitelt. Durch den Abzug vieler Männer wurden dem Untersuchungsgebiet wichtige Arbeits- und Fachkräfte genommen, deren Arbeit die Zurückgebliebenen kompensieren mussten. Insofern traf der Winter eine Gesellschaft, welche bereits an ihre Grenzen gelangt war und kann daher als Verstärkung der Not gesehen werden.
Insgesamt versucht die Arbeit den vielen Dimensionen, Ursachen und Auswirkungen des Lawinenwinters auf allgemeiner Ebene Rechnung zu tragen, um damit ein ganzheitliches Bild dieser Zeit und der betroffenen Gesellschaft zu generieren. Dazu gehören unter anderem auch religiöse Deutungen, wie etwa eine Anweisung des damaligen Fürstbischofs von Brixen: So sollte, wie auch im Titel der Arbeit zitiert, ab Februar 1917 jeweils nach den Kriegsgebeten der Ausspruch „Von Lawinengefahr erlöse uns, o Herr!“ beigefügt werden.