Art der Arbeit
Masterarbeit
Stand
abgeschlossen/terminé
DozentIn Name
Prof.
Christina
Späti
Institution
Seminar für Zeitgeschichte
Ort
Fribourg
Jahr
2019/2020
Abstract
Die Sprache ist gerade in der multilingualen Schweiz eines der Hauptattribute kollektiver Identifikationsmuster. Ihre Rolle als gesellschaftlicher Marker wurde in der Eidgenossenschaft des ausgehenden 20. Jahrhunderts zusehends bedeutender. Die vorliegende Masterarbeit nimmt sich der Untersuchung dieses Bedeutungsgewinns im französischsprachigen Landesteil an, indem sie nach auftauchenden Deutungsmustern konkreter Ereignisse in der frankophonen Öffentlichkeit der Schweiz fragt. Die Untersuchung knüpft damit an bisherige Forschungsarbeiten in der Schweizer Sprachenpolitik an, indem sie die Präsenz sprachlicher Identifikationsmuster in Reaktionen auf vier wirtschaftspolitische Entscheide nachzuzeichnen versucht.
Das Fassen dieser Reaktionen geschieht zum einen anhand eines Korpus aus Schriften, Broschüren, Monografien und Publikationen von Verbandsorganen, die eine bestimmte Agenda und Interessenbindung bereits im Namen trugen. Zum anderen schliesst die Analyse ein umfangreiches Korpus an Printmedien aus der französischsprachigen Schweiz mit ein. Damit soll diese Auswahl dem Anspruch gerecht werden, ein möglichst gesamtheitliches Bild des Diskurses im öffentlichen frankophonen Raum zu zeichnen. Auf der Basis dieses Korpus lässt sich die Arbeit von der Frage nach der Stellung der sprachlichen Deutung in den Reaktionen auf diese Ereignisse leiten – wobei das Argumentarium nach der Deutung der Ursachen, der Konsequenzen und daraus abgeleiteter Forderungen eingeordnet wird.
Die Arbeit zeigt auf, dass eine identité romande, wie sie Forschende ab den 1960er- und 70er-Jahren festmachen, an Deutungsmustern für wirtschaftspolitische Ereignisse ebenfalls nachzuzeichnen ist – und sich ein Vergemeinschaftungsgefühl, ausgehend von kantonalen Entitäten, in sprachregional gedachten Kategorien erkennbar macht. Neben der Steigerung der Eigenidentifikation am Merkmal der französischen Sprache, welche von Begriffsverschiebungen begleitet wird, lässt diese Untersuchung eine durchweg negative Grundhaltung diesen Entscheiden und ihren Akteuren gegenüber erkennen. Sie legt schliesslich eine zunehmend aufkommende Kritik an Akteuren aus der deutschsprachigen Schweiz dar, die mit einer intensiver geführten Debatte und einem verstärkt ökonomisch definierten Deutschschweizer Dominanzempfinden in der frankophonen Öffentlichkeit der 1990er-Jahre einhergeht.