«Wehe allen Verteidigern einer neutralen Kirche!» Die Missionsgesellschaft Bethlehem im und in Konflikt um die Befreiungstheologie in Kolumbien (1968 – 1982)

Cognome dell'autore
Marcel Andreas
Burmeister
Tipo di ricerca
Tesi di master
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
Prof.
Christian
Büschges
Istituzione
Historisches Institut
Luogo
Bern
Anno
2019/2020
Abstract
1953 betraten aus China vertriebene Schweizer Missionare der Missionsgesellschaft Bethlehem SMB erstmals kolumbianischen Boden. Im Südwesten Kolumbiens, in den (Erz-) Diözesen Popayán, Pasto und Ipiales, entfaltete die Gesellschaft bis in die 1960er Jahre hinein eine traditionelle, sakramental geprägte Pastoral. Das Regionalkapitel 1982 offenbarte demgegenüber ein grundlegend verwandeltes (Selbst-) Verständnis: als missionarische Gemeinschaft, als Instrument kirchlichen Apostolats in der Welt und des evangelisatorischen Auftrags selbst; ein erneuertes Verständnis, das mit «Ganzheitlicher Befreiung» konzeptualisiert wurde und im Aufbau von Basisgemeinden und einer Kirche «von unten» ebenso wie in der gesuchten Zusammenarbeit mit «Volksbewegungen» und «Oppositionsgruppen» seinen Ausdruck finden sollte. Die Masterarbeit geht der Frage nach, welche inneren und äusseren Prozesse mit dieser markanten Verschiebung in Selbstverständnis und Zielsetzung der missionarischen Arbeit der SMB in Kolumbien in Beziehung standen. Als Teil einer translokal operierenden Missionsgesellschaft trat die SMB Kolumbien im Anschluss an das Zweite Vatikanische Konzil und den von diesem dynamisierten innerkirchlichen Reformbewegungen in einen Prozess der permanenten Erneuerung ein. Im spezifischen Kontext Lateinamerikas verhalf die Konferenz von Medellín 1968 Bewegungen zum Durchbruch, welche die Theologie und Pastoral des Kontinents und darüber hinaus nachhaltig transformierten. Die formulierte Option für die Armen und vorgestellte Befreiung des Menschen aus allen Formen der Knechtschaft, die Verbindung sozialwissenschaftlicher Analyse und theologischer Reflexion bildeten Kernelemente einer wesentlich heterogenen, multiplen Befreiungstheologie. Transregionale personelle und institutionelle Verflechtungen strukturierten dabei den Prozess der Adaptation und systemischen Selektion befreiungstheologischer Diskurse und Praktiken in das Ideal der Pastoral ebenso wie die Integration einer neuen Generation von Missionaren und Mitarbeitern aus der Schweiz. Diese waren zunehmend durch einen politisch-religiösen Diskurs der Solidarität mit den Armen der Dritten Welt vorgeprägt. Vor diesem Hintergrund geht die Arbeit der Frage nach, wann und in welchem Masse, wie und wodurch befreiungstheologische Diskurse und Praktiken Eingang in Selbst- und Missionsverständnis sowie in die konkrete lokale Praxis der SMB in Kolumbien fanden und durch welche inneren und äusseren Prozesse und Akteure sie ferner strukturiert wurden. Über die Analyse gesellschaftsinterner Publikationen und Archivquellen wird aufgezeigt, dass sich die sukzessive und partielle Übernahme und kreative Aneignung befreiungstheologischer Diskurse und Praktiken in hohem Masse als intraregionaler Konflikt darstellte: ein Konflikt zwischen Generationen und Fraktionen, die um Deutungs- und Definitionsmacht in einem religiösen Feld kämpften. Dabei wird verdeutlicht, dass der Begriff, der seit 1975 formal als «einigende Mitte» der Region beschriebenen Befreiungstheologie, zwischen einer gleichsam implizierten Spiritualisierung und einer Sozialisierung bzw. Politisierung oszillierte; dass sich schliesslich bis 1982 und darüber hinaus sukzessive eine Deutung durchsetzte, die den sozialen und mittelbar politischen Gehalt pastoraler Praxis akzentuierte. Diese Verschiebung fand schliesslich ihren formellen Ausdruck im Regionalkapitel 1982, welches das neue Selbstverständnis konsolidierte. Eine wesentlich auch sozial und weltlich verstandene Option der Befreiungstheologie durch die SMB in Kolumbien mündete dabei unter anderem in der sukzessiven Entfremdung und letztlich im Konflikt mit einem Staat und einer kirchlichen Hierarchie, denen an der Erhaltung des Status quo gelegen war. Sie mündete aber ebenso in Impulsen zum Aufbau von Basisgemeinden bzw. einer Basisgemeindenbewegung in der Schweiz sowie in einer nach 1982 konsequent weitergeführten befreiungstheologisch inspirierten und sozial und politisch engagierten Praxis der Pastoral in Kolumbien.

Accesso al lavoro

Biblioteca

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