Tipo di ricerca
Tesi di master
Stato
abgeschlossen/terminé
Cognome del docente
Prof.
Christof
Dejung
Istituzione
Historisches Institut
Luogo
Bern
Anno
2018/2019
Abstract
Der Zweite Weltkrieg führte zu einem Rückgang des Welthandels. Dieser Umstand betraf auch die schweizerische Wirtschaft. Durch die vom Krieg immer stärker betroffenen europäischen Länder wurden die Absatzmöglichkeiten für die Schweizer Exportindustrie auf dem Kontinent immer begrenzter. Importrestriktionen anderer Nationen bestärkten diese Tendenz. Die Ausfuhren in die meisten Länder nahmen – mit Ausnahme Deutschlands – ab 1939 stetig ab. Die schweizerische Wirtschaft, welche zum einen stark von ihren Exporten abhängig und zum anderen auf Devisen angewiesen war, um die für die Landesversorgung benötigten lebensnotwendigen Güter importieren zu können, musste in der Folge neue Absatzmöglichkeiten suchen. Ein Ausweg bot der verstärkte Fokus auf den Fern- bzw. Überseehandel. Eine dieser fernen Zielregionen war Britisch-Indien, eine britische Kolonie mit wachsender Industrie. Die Ausfuhrwerte für Indien fielen in jenen Jahren im Vergleich zu den benachbarten europäischen Ländern zwar relativ gering aus. Jedoch sorgte der Krieg, trotz seinen widrigen Umständen, nicht für einen Einbruch der Ausfuhren. Im Gegenteil, sie blieben grösstenteils stabil und erlebten gegen Ende des Krieges sogar einen markanten Aufschwung.
Diese Arbeit geht der Frage nach, wie strukturelle Veränderungen der Weltwirtschaft die Handelsbeziehungen zwischen der Schweiz und Indien während des Zweiten Weltkriegs geprägt haben und mit welchen staatlichen Einschränkungen die Exporteure zu kämpfen hatten. Einerseits erhöhten die Staaten infolge der Weltwirtschaftskrise ihre Einfuhrschranken, um die heimische Wirtschaft zu schützen. Andererseits betrieben Staaten wie die Schweiz eine aktive Exportförderungspolitik. Die These dabei lautet, dass staatliche Interventionen in Form von Einfuhrbeschränkungen oder aktiver Exportförderung die Handelsbeziehungen mit Britisch-Indien massgeblich beeinflusst haben und eine globale Erscheinung der Weltwirtschaft der Vorkriegsjahre darstellen. Diese Untersuchung verfolgt dabei einen akteurzentrierten Ansatz, bei der ökonomische wie auch staatliche Akteure in den Fokus genommen werden. Als Quellenmaterial dienen der Nachlass des Generalkonsulats von Bombay, welcher im Bundesarchiv lagert, Archivalien der Zentrale für Handelsförderung aus dem Schweizerischen Wirtschaftsarchiv sowie dem Archiv für Zeitgeschichte und Geschäftsprotokolle aus dem Firmenarchiv der Novartis AG.
Die diplomatische Vertretung der Schweiz verhandelte mit den indischen Behörden über die erlaubten Anteile von Rohstoffen aus feindlichen Ländern. Während in Grossbritannien die Regelung einen maximalen Anteil von 25% erlaubte, dauerte es in Indien nach Kriegsausbruch sechs Monate, bis die entsprechende Massnahme in Kraft trat. Dies sorgte bei vielen betroffenen Unternehmen für Unsicherheiten, da viele Produzenten von deutschen Rohstoffen abhängig waren.Die Handelsagentur, eine Auslandsstelle der halb-privaten Zentrale für Handelsförderung (OSEC), verhandelte dagegen vor allem über die jährlichen Importquoten, welche von den indischen Behörden jährlich bestimmt wurden und die Einfuhr verschiedener Waren limitierten. Diese wurden anhand der Vorkriegseinfuhren und jenen in der sogenannten Basisperiode bestimmt. Darüber hinaus beeinflussten politische und ökonomische Überlegungen der Kolonie die Höhe der Quoten. Zum einen galt es, die Devisenflüsse zugunsten Britisch-Indiens zu steuern, zum anderen wurden bei bestimmten Waren britische Produktionen bevorzugt.
Die Basler Farbstoffproduzentin Durand & Huguenin hatte in zweifacher Hinsicht mit den staatlichen Importrestriktionen zu kämpfen. Einerseits geriet sie wegen ihrer bis 1940 bestehenden Verbindung mit der deutschen IG Farben unter Verdacht, feindliche Interessen zu vertreten. Andererseits erhielt sie von den Behörden keine jährlichen Quoten, da sie aufgrund von Problemen mit ihrem Importeur, welcher ebenfalls Verbindungen zur IG Farben aufwies, keine Einfuhren für die Basisperiode ausweisen konnte. Durch kleinere Spezialkontingente konnte sie zwar dennoch Waren nach Britisch-Indien exportieren, aber trotz vieler Bemühungen wurden ihr während der Kriegsjahre keine regulären Quoten zugesprochen. Es zeigte sich, dass das indische Lizenzsystem den Marktzugang für neue Importeure erschwerte und auf etablierte Produzenten setzte. Profitiert haben davon vor allem grössere Unternehmen und Kartelle, welche entsprechend höhere Quoten erhielten. Die ökonomische Konzentration, welche in der Zwischenkriegszeit die Farbindustrien Europas prägte, wurde so weiter zementiert. Das stellt einen massiven Umbruch der indischen Wirtschaftspolitik dar, weil die Kolonie lange Zeit als freier, offener Markt wahrgenommen wurde.