Kommunale Vormundschafts- und Armenbehörden fällten in der Schweiz bis weit ins 20. Jahrhundert hinein paternalistische Entscheide. Nicht selten ordneten sie dabei gegen den Willen der Betroffenen mehrjährige Einweisungen in verschiedene Anstalten, beispielsweise religiöse Erziehungsheime oder Zwangsarbeitsanstalten an, verhielten sich diese Menschen entgegen gesellschaftlichen Konventionen. Dass dabei Freiheitsentzüge von volljährigen Bürgerinnen und Bürgern ohne strafrechtliche Begründung, richterlichen Beschluss und Rechtsmittelgarantie angeordnet werden konnten, war in westlichen Demokratien der Nachkriegszeit eine Seltenheit. Galt doch gerade der Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor potenziell willkürlichen Zugriffen des Staates als neuralgischer Punkt, um welche liberaldemokratische Systeme nach der Erfahrung des Zweiten Weltkrieges zumindest formal rechtstaatlich gebaut wurden.
Die vorliegende Arbeit fragt daher nach dem Zusammenhang dieser administrativen Freiheitsentzüge und dem schweizerischen Demokratieverständnis in der Nachkriegszeit. Am Beispiel des Kantons Zug zeigt sie, wie ein nationales Selbstverständnis soziale Kontrolle, lokale Autorität und Assimilation als legitime Instrumente demokratischer Herrschaft tradierte und Menschen zu Männern und Frauen normierte. Indem die Arbeit Kontinuitäten und Wandel in der Anwendung administrativer Freiheitsentzüge von 1940 bis 1985 aufzeigt, leistet sie gleichermassen einen Beitrag zur schweizerischen Zeitgeschichte wie zur Demokratiegeschichte.